* Instagram-Beiträge
Zusammenfassung
Hallo zusammen!
Wie ihr vielleicht wisst, habe ich einen Instagram Account namens
,,philosophie_fuer_zwischendurch"! Auf dem lade ich oft Updates zu den
aktuellen Folgen und Trailer hoch, aber eben auch kleinere Textbeiträge zu
Themen, die zu klein für eine Folge sind, aber groß genug, um zu ihnen etwas zu
sagen. Da ihr fleißigen Leser:innen dieses Blogs aber ohne Instagram keinen
Zugriff darauf habt, dachte ich, ich sammle in diesem Post alle Textbeiträge
für euch zusammen. Falls ihr doch vorbeischauen wollt: Instagram-Kanal
Jedenfalls, viel Spaß!
Glück vs. Zufriedenheit
Ich habe
neulich eine Werbung gesehen, die mich zum Nachdenken gebracht hat. Da kamen in
der Mitte die Worte vor: ,,So kannst, wenn du schon zufrieden mit deinem Leben
bist, einen Weg zu finden, noch glücklicher zu sein." So in etwa. Was in
diesen Worten steckt, ist eine Frage nach dem, wonach wir im Leben streben
sollten.
In unserer Gesellschaft heißt es oft, man solle sein Glück verfolgen.
Dieses ,,Glück" ist meistens symbolisch für eine große Belohnung, die man
sich durch harte Arbeit verdient oder die einem zufällt, zum Beispiel in Form
dieses Goldtopfes auf dem Bild. Das übergeordnete Ziel ist es scheinbar, ein
Leben im Glück dieser Art zu führen - das streben wir an. Oder sollen wir
zumindest.
Dem gegenüber steht die Zufriedenheit. Niemand sagt eigentlich, dass er
einfach nur mit seinem Leben zufrieden sein will, denn das klingt nach
niedrigen Ansprüchen und geringer Hoffnung auf Erfolg. So al würde man
wenigstens mit seinem Leben ,,klarkommen" wollen.
Dabei ist die Zufriedenheit etwas ganz anderes, oder: viel mehr, als die
Resignation vor dem großen Glück und das Akzeptieren niederer Lebensumstände.
Zufrieden zu sein heißt, mit sich selbst und seinem Leben im FRIEDEN zu sein.
Das bedeutet, dass es keinen Unterschied macht, wie genau es ist: Wenn man
zufrieden ist, ist man im Reinen mit sich selbst und hat eine innere Ruhe.
Was die Zufriedenheit aber nicht bietet, sind ständige neue Hochgefühle
und das Streben nach dem Besseren. Das ist eine Sache des Glücks: Immer mehr
Geld verdienen, immer mehr Menschen kennen, Reisen, Anerkennung... Diese Art
von Leben richtet sich nach Faktoren der Außenwelt. Zufriedenheit dagegen ist
nur abhängig von dem Inneren und daher meiner Meinung nach sehr viel wertvoller
und schwieriger zu erhalten. So predigen es auch die Stoiker (#39)
Doch das wollen Firmen natürlich nicht. Was haben sie von zufriedenen
Kunden, die nach nichts streben? Besser ist es, wenn sie für ein neues
Hochgefühl konsumieren! Und so wird es in dieser Werbung vermittelt: Du bist
vielleicht zufrieden, aber vielleicht kannst du sogar noch glücklicher sein!
Deshalb achtet immer darauf, was ihr für ein gutes Leben eigentlich
braucht.
Ein weiteres Paradoxon
Ich wollte eben an der Folge weiterarbeiten, die - versprochen - bald kommt, da ist mir diese kleine sprachliche Spielerei eingefallen, die ich einmal irgendwo gehört habe. Ein philosophisches Paradoxon: ,,Wenn man sich vornimmt, den ganzen Tag nichts zu erreichen und das dann auch schafft, hat man dann etwas erreicht oder nicht?" Lasst uns diesen Spruch einmal durchgehen.
Wieso stellt dieser Satz überhaupt ein Problem dar? Nun, es steht schon drin: Dieses Vorhaben, nichts zu erreichen führt uns in eine ausweglose Situation, ein Paradoxon. Beide Antwortmöglichkeiten scheinen nämlich falsch und richtig zugleich zu sein: Man hat am Ende des Tages eigentlich dann nichts erreicht, aber weil genau das das Vorhaben war, hat man es doch.
Nehmen wir den Satz etwas auseinander. Was heißt es überhaupt, etwas zu ,,erreichen?" Da ich hier nicht ewig viele Zeichen frei habe, definiere ich es jetzt ganz spontan als das Erfüllen eines Zieles, das man als erfüllenswert ansieht. Ob es von einem selbst kommt oder von außen: Man hat etwas erreicht, wenn man an einem Punkt angekommen ist, an dem man ankommen wollte.
Das ist aber genau der Punkt, mit dem dieser Satz spielt! Wenn sich die Person tatsächlich vornimmt, nichts zu erreichen, dann gibt es nichts, was sie tatsächlich erreichen will!
Nehmen wir an, sie würde an dem Tag unbedingt einen Freund treffen wollen. Dann würde sie das tun wollen, sich aber gleichzeitig fest vornehmen, das nicht zu schaffen. Das heißt, das Treffen des Freundes wäre gar kein richtiges Vorhaben und damit auch kein Erreichen mehr, weil es die Person nicht mehr als Errungenschaft ansehen würde!
Und damit fällt der Satz in sich zusammen: Wenn das Vorhaben ist, nichts zu erreichen, dann fallen alle sonstigen Vorhaben weg und man bleibt mit einer Negation von gar nichts. Die Person muss ja irgendwelche Vorhaben haben, um nichts erreichen zu können - das geht aber nicht, wenn sie sich das aktiv vornimmt. Entweder will sie den Freund treffen oder sie will es nicht, aber es geht nicht beides. Das heißt: dieses Szenario ist unmöglich.
Was heißt es, Philosoph*in zu sein?
Sokrates und Friedrich
Wilhelm Nietzsche sind wahrscheinlich eine der bekanntesten Philosophen, die es
jemals gab. Sokrates kennt man als den Urvater der Philosophie und Nietzsche vor
allem für seinen Ausspruch „Gott ist tot“. Zu beiden habe ich auch schon eine
Folge gemacht: #14 und #37. Doch eigentlich ist es merkwürdig, dass gerade
diese Beiden so berühmt geworden sind. Warum?
Sokrates und Nietzsche
sind eigentlich gar keine Philosophen im engeren Sinne. Ich weiß, im Falle von
Sokrates ist das etwas unfair, denn es gab noch keine so großen Akademien, als
er mit seiner Philosophie angefangen hat und ein paar Brocken hatte er außerdem
von älteren Philosoph*innen wie Heraklit oder Diotima aufgeschnappt. Aber im
Grunde war er ein Geburtenhelfer, Steinmetz und Soldat, der die Wahrheit über
die Welt herausfinden wollte. Er hatte keine besondere Ausbildung oder
akademischen Grad, sondern ist einfach herumgegangen und hat die Leute Athens
direkt befragt – vielleicht kannte ja jemand von denen die allumfassende
Wahrheit.
Zu Nietzsches Zeiten dagegen
waren Universitäten selbstverständlich schon erfunden, jedoch hat er nie
Philosophie studiert, sondern war Sprachwissenschaftler. Und auch hier sollte
man einräumen, dass er Altphilologe war, die sich auch mit der antiken
griechischen Denkweise und Sprache befassen, aber dennoch: Er hatte keinen
philosophischen akademischen Grad. Seine bekannten Werke kamen auch erst heraus,
als er aufgrund verschiedener Erkrankungen quasi arbeitslos war. Da fing er
dann plötzlich an, sich über verschiedene Fragen Gedanken zu machen und wie
wild seine Werke zu schreiben.
Was zeigt uns das? Anders
als bei anderen Berufungen wird man nicht Philosoph*in, indem man zur
Universität geht. Diese Einrichtung ist auch nicht dazu da, sondern, einem
Inspiration zu geben und den Geist in einige mögliche Richtungen zu lenken.
Klar wissen philosophische Professor*innen in der Regel mehr von ihrem Gebiet.
Aber lasst euch dennoch nicht enschüchtern: Ein*e Philosoph*in zeichnet sich
nicht dadurch aus, Abschlüsse zu haben. Alles, was es braucht, ist eine Neugier
für die Welt und den Mut, alles zu hinterfragen, was man als selbstverständlich
annimmt.
Die Zukunft aller Philosoph:innen?
Werden wir nach unserem Studium alle irgendwann so enden?
Also, für den Kontext: Dieser nackte alte Mann
auf der linken Seite ist der antike griechische Philosoph Diogenes. Er ist
eines Tages zu der Einsicht gelangt, dass alle Habseligkeiten auf der Welt,
nach denen sich die Menschen sehnen, eigentlich nicht glücklich machen. Also
hat er seine Klamotten weggeworfen, fortan in einem Fass an der Straße gewohnt
und dort gegessen, sein Geschäft verrichtet und ihr wisst schon - alles eben!
Für die Story dieses Bildes ist hier nicht genug
Platz - schlagt das gern selbst mal nach :)
Aber warum erzähle ich euch das alles? Viele
Leute haben den Eindruck, dass man als Philosoph:in am Ende so verbleibt. Also,
natürlich nicht GENAU so, aber: ohne Job oder zumindest mit sehr wenig Geld.
Und ich möchte euch heute sagen, dass das nicht
stimmt - zumindest führt einen ein Philosophiestudium nicht genau dorthin.
Oft heißt es, Studiengänge wie Medizin und Jura
würden einen direkt zu einem Job führen und wären deshalb besser. Ganz
abgesehen davon, dass es beim Studium nicht nur um den Job geht (mehr
dazu: #12 Warum
lernen wir?), ist das nur die halbe Wahrheit. Man muss sich auch bei diesen
Abschlüssen sehr um einen Job neben der ganzen Konkurrenz bemühen. Außerdem
gibt es daneben viele viele Studiengänge mehr, über die es das Klischee der
Arbeitslosigkeit aber nicht gibt!
Aber um davon einmal wegzukommen: Es gibt sehr
viele Berufe, die nicht nach einem spezifischen Studium schauen, sondern eher nach
weiteren Erfahrungen und Motivationen. Überhaupt einen Studienabschluss zu
haben, ist normalerweise an sich bereits genug. Der Journalismus ist so ein
Beispiel.
Oder nehmen wir generell Berufe, in denen man
vielleicht schreiben oder vor Leuten sprechen muss: Die sprechen häufig ALLE
geisteswissenschaftlichen Abschlüsse an.
Es ist nur eben so, dass man sich als
Philosoph:in etwas mehr auf dem Arbeitsmarkt umschauen muss und am besten neben
dem Studium noch etwas vorzuweisen hat (das ist aber bei fast allen Berufen
so). Und dann kann man auch noch immer Philosophieprofessor:in werden! :D Also:
Ihr endet nicht auf der Straße. Wenn man sich etwas umschaut, findet man auch
etwas! :D
Netflix-Serie ,,1899"
Heute möchte ich mit euch über eine weitere Serie
reden, die mich in letzter Zeit zum Nachdenken gebracht hat: 1899.
Nun, wie rede ich über diese Serie, ohne zu spoilern..? 😄 Es ist tatsächlich gar nicht
so einfach! Es sind hier dieselben Produzenten am Werk, von denen auch DARK
kam, es wird also wieder verwirrend und philosophisch!
Nachdem es zuvor um die Zeit ging, beschäftigt sich 1899 mit der Realität. Es
liegt hier etwas mehr Gewichtung auf der Psychologie, aber wie alle
Wissenschaften lässt sie sich gut auf die Philosophie beziehen.
Ich finde, dass die Serie sehr gut veranschaulicht, wovon der Philosoph René
Descartes in seinen Meditationen redet.
Und zwar sagt er, dass wir uns eigentlich über nichts wirklich sicher sein
können. Alles, was wir sehen, anfassen oder riechen, könnte eine
Sinnestäuschung sein.
Es ist ja nicht so, als würden wir nicht so schon optische Täuschungen kennen.
Jede:r kennt es, dass wir manchmal Sachen nicht richtig sehen, falsch einschätzen
oder uns die Psyche sogar die Sinne verdreht.
Ist es da so weit hergeholt, dass alles andere um uns herum auch nur eine
Täuschung sein könnte?
Deshalb meint Descartes, dass wir uns nur darüber sicher sein können, dass wir
denken, wobei das nicht der Punkt ist. Für alle, die das aber weiter
interessiert, habe ich damals diese Folge gemacht: ,,#06 Was können wir wissen?"
Jedenfalls will ich folgendes dazu sagen: Instinktiv fällt es den meisten
Menschen schwer, Descartes viel Glauben oder Beachtung zu schenken. Was ein
verrückter Gedanke, dass unsere Welt eine Täuschung sein sollte! Wir SEHEN doch
jeden Tag, dass es nicht so ist und haben hunderte von Leuten, die uns darin
bestätigen!
Aber kann man sich wirklich so sicher sein? In der Serie 1899 ist nichts, wie
es scheint, so viel kann ich euch schon einmal verraten. Und die Menschen
dieser Serie fiebern mit, sorgen sich um ihre Freunde, bangen um ihr Leben,
verfolgen ihre Ziele - sie glauben nicht, dass sie betrogen werden, warum auch?
Und auch wir als Zuschauer werden mehrmals getäuscht.
Nur weil wir uns an eine Realität gewöhnt haben, heißt das nicht, dass sie
wahrhaftig ist. Es ist quasi wie in Platons Höhlengleichnis.
Chrysippos von Soloi: Ein humorvolles Ende
Der antike
Philosoph Chrysippos von Soloi soll im 3. Jhd. v. Chr. gelebt haben und war
eine der bedeutendsten Figuren der stoischen Schule. (Übrigens habe ich über
diese philosophische Strömung einmal eine Folge gemacht, nämlich: ,,#39 Wer waren die Stoiker?")
Jedenfalls ist
nicht so sehr das Leben dieses Philosophen im Mittelpunkt, sondern vielmehr
sein Tod:
Laut dem
Biografen Diogenes Laertius gibt es zwei Erzählungen, wie Chrysippos gestorben
sein soll: Einige sagen, er habe an einem Fest zu viel Wein getrunken, wäre
betrunken eingeschlafen und dahingeschieden. Eine andere Erzählung ist aber
etwas abenteuerlicher: Chrysippos soll, wahrscheinlich auch in einem
angeheiterten Zustand, einen Esel dabei beobachtet haben, wie er Feigen von
einem Baum fraß. Hysterisch lachend soll der Philosoph daraufhin ausgerufen
haben, man solle doch jetzt dem Esel Wein geben, um die Feigen runterzuspülen!
Ein echer Brüller. 😄 Aber für den
antiken Philosophen hat es gereicht: Chrysippos soll so viel gelacht haben,
dass er daran gestorben ist. Wortwörtlich totgelacht! Die beiden Geschichten
lassen sich wahrscheinlich auch recht einfach kombinieren - also Vorsicht vor
zu viel Humor, würde ich sagen 😄
Man muss
natürlich zugeben, dass sich einige Erzählungen über die antiken Philosophen in
Legenden verlieren, sodass man nicht genau weiß, was stimmt. Aber es ist eine
gute Geschichte 😄
David Lewis' mögliche Welten
Heute will ich
euch einmal eine Theorie vorstellen, mit der ich mich in letzter Zeit etwas
beschäftigt habe und von der ich mir nicht sicher bin, was ich von ihr halten
soll. 🤔
Sie ist vom
US-Amerikanischen Philosophen David Lewis: Im Grunde besteht unsere Welt aus
zwei verschiedenen Arten von Existenz: Dingen, die tatsachlich real (aktual)
sind und solchen, die es nur möglicherweise sein könnten.
Das Aktuale
ist sehr weit definiert: Alles, was jemals passiert ist, gerade passiert oder
passieren wird, gehört dazu. Egal, wie weit die Dinge räumlich von uns entfernt
sind oder wie irrelevant: Alles, was wir hier kennen und sehen, ist tatsächlich
real.
Jetzt gibt es
aber zu allen Dingen eine Alternative. Ich sitze gerade hier und schreibe
diesen Beitrag für euch, aber ich könnte auch stattdessen etwas essen oder
schlafen. Tue ich nicht, aber es ist vorstellbar.
Lewis sagt,
dass all diese Alternativen nicht einfach nur theoretische Konstrukte sind, die
uns in unserem Denken unterstützen. Sondern sie sind Situationen, die in
anderen Welten tatsächlich vorkommen: Jede Möglichkeit, die man sich auch nur
vorstellen kann, hat ihre eigene Welt.
Und dadurch
ergibt sich ein riesiges Pluriversum aus unzähligen möglichen Welten, die aber
untereinander alle getrennt sind. Weder raumzeitlich noch kausal können sie
überlappen: Sie sind nämlich für sich alle real und betrachten alles außerhalb
nur als Möglichkeiten. So wie wir es tun.
Sehr viel, um
diese Theorie zu beweisen, kann Lewis nicht tun: Wir können diese Welten ja
nach der Theorie gar nicht erfassen, also weiß man nicht, ob sie existieren. Er
meint aber: ,,Warum nicht daran glauben?" Denn es hilft immerhin der
Vorstellung von Möglichkeiten, passt zu unserem Denken und ganz unplausibel ist
es nicht.
Nun,
wahrscheinlich ist die Theorie auf intuitiver Ebene eher unglaubwürdig als
umgekehrt, aber es ist ein interessanter Gedanke, oder? Es gibt von euch
unzählige Versionen (die nicht wirklich ihr seid, aber euch sehr sehr sehr
ähnlich sind) und alle Möglichkeiten eures Lebens durchspielen 🤯🤯
Netflix-Serie ,,DARK"
Kennt ihr die
deutsche Netflix-Serie ,,Dark"? Sie beschäftigt sich sehr stark mit
Zeitreisen und ist ehrlich gesagt beim ersten Ansehen gar nicht so leicht zu
verstehen. Menschen reisen zwischen den Jahren hin und her, neue
Konstellationen ergeben sich und Stammbäume verschieben sich. 😱
Oder auch
nicht. Denn während der gesamten 3 Staffeln versuchen eigentlich alle Personen
immer wieder, zurückzureisen, um Fehler in der Gegenwart zu korrigieren. Und
sie müssen jedes Mal erkennen, dass es nicht funktioniert! Und es ist nicht so,
als wären die Leute nicht entschlossen genug. Mit aller Macht wird versucht,
gewisse Leute auszulöschen, Andere zum Schweigen zu bringen, und durch
Gespräche Katastrophen abzuwenden. Aber es hilft alles nichts. Dadurch, dass
wir sind wir sind, weil die Welt so funktioniert, wie sie funktioniert und
dadurch, dass die Zeit uns fest in ihrem Griff hat, können wir eigentlich
nichts tun, so sagt die Serie. Am Ende hat es gar keinen Wert, Fehler in der
Gegenwart korrigieren zu wollen, weil sie bereits entstanden sind und damit
entstehen mussten. Und auch in der Zukunft wiederholen sich die Muster immer
wieder.
Tja, recht
schwarzmalerisch mal wieder. Wie die Philosophie eben so ist. Aber es ist eine
sehr interessante und spannende Serie - ich kann sie nur empfehlen! Wenn ihr
euch übrigens mehr für diese Themen interessiert, habe ich zwei weitere Folgen
für euch: ,,#10 Ist unser Leben vorherbestimmt?" und
,,#23 Life is Strange: Sollten wir
zeitreisen?"
Netflix-Serie ,,The Sinner"
Ich will euch
heute von der Netflix-Serie ,,The Sinner" erzählen! Eigentlich haben die
Folgen nicht viel Philosophisches: Es geht nur immer darum, dass jemand auf
merkwürdige Weise getötet wird und dann muss der Mord aufgedeckt werden - ein
recht klassischer Krimi eben. 🤷♂️
Aber in der 3.
Staffel wird es philosophisch. Ohne zu viel spoilern zu wollen: Es wird der Philosoph
Friedrich Nietzsche mit seinem Konzept des Übermenschen und dem Tod Gottes ins
Spiel gebracht. Zwei Studenten lesen seine Texte und verlieren auf einmal den
kompletten Reiz am Leben. Gott ist tot, es gibt keinen weiteren Sinn und wir
müssen seinen Platz einnehmen. Ihre Leben geraten komplett aus den Fugen: Sie
machen extrem unangenehme Sachen in der Öffentlichkeit, verhalten sich zu
Leuten so, wie es ihnen gerade einfällt, begeben sich in lebensgefährliche
Situationen und lösen sogar Nahtod-Erfahrungen bei sich aus.
Klingt das
einfach nur wie eine klassische Nietzsche-Phase? Ja. Ist seine Philosophie ein
bisschen simpler dargestellt als sie ist? Auch ja. Aber ich mag die Staffel
trotzdem. Denn man sieht, wie mit diesen Menschen ganz genau das passiert,
wovor Nietzsche auch in ,,Also sprach Zarathustra" gewarnt hatte!
Der Philosoph
sagt, dass religiöse Moralvorstellungen und unser Glaube uns oft mehr
einschränken als sie uns helfen. Gott sei durch unseren wissenschaftlichen
Fortschritt längst nicht mehr plausibel, genau wie alle anderen Vorstellungen
von einem großen Sinn im Leben. Nein, es gibt nur uns. Und um ordentlich zu
leben, sollten wir diese alten Vorstellungen abwerfen und anfangen, nach
eigenen Maßstäben und logischen Regeln zu leben. Dann brauchen wir auch keinen
Gott mehr, sondern sind es selbst: Übermenschen.
Was in der
Serie passiert, hätte Nietzsche nie befürwortet. Aber er hat diese Gefahr immer
gesehen. Denn in der Phase zwischen dem Anfang und dem Ende der Verwandlung zum
Übermenschen sind wir sehr empfindlich. Wie ein Löwe, sagt, Nietzsche, der alle
Last brüllend von sich wirft, aber dann auch nicht weiterweiß. Und dann wird er
aggressiv und richtet Schaden an.
Das Allmachtsparadoxon
,,Kann ein
allmächtiges Wesen einen so schweren Stein erschaffen, dass es ihn selbst nicht
heben kann?"
Und, kennt ihr
diesen Ausspruch? Das ist das sogenannte Allmachtsparadoxon. Von wem genau es
kommt, weiß man nicht, aber es geistert schon sehr lange durch die Philosophie.
🤔
Meistens wird
es von Leuten verwendet, die auf logische Weise Gott widerlegen wollen. Ihr
kennt sie sicher auch schon: Wenn irgendjemand an Gott glaubt oder das Thema
aufkommt, kommen sie einem an mit ,,ähm, ja, aber eigentlich ist das soooo
unlogisch blabla" 😴 Also, ich bin
jetzt auch kein extremer Gottesverfechter, aber wenn dann wenigstens mit Logik.
Wie sieht es
also mit diesem Ausspruch aus? Er hat ein Problem, das einem bei näherem
Nachdenken gleich ins Auge springt.
Zunächst
einmal gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wir sagen, dass Gott ein Wesen ist,
das den Regeln der Logik wie jedes Lebewesen folgt, oder nicht. Es gibt kein
Dazwischen.
Also, gehen
wir als Philosophen vielleicht erstmal den Weg der guten alten Logik. Und dann
könnte man sagen: ,,Gott ist nicht allmächtig, weil er ja offenbar nicht alles kann.
Denn entweder gibt es Steine, die er nicht heben kann, oder es gibt solche, die
er nicht schaffen kann. Aber was heißt es, wenn er nicht in der Lage ist, einen
Stein zu erschaffen, den er nicht heben kann? Macht ihn das weniger mächtig?
Nein! Denn es
handelt sich hier um ein allmächtiges Wesen. Und nach den Regeln der Logik kann
es nichts Existierendes geben, das ein allmächtiges Wesen limitiert. Es muss
alle Steine heben können. Wir erwarten also, dass Gott etwas schafft, das gar
nicht existieren kann. Wenn Gott also ein logisches Wesen ist, kann er das
nicht. Und das macht ihn nicht weniger mächtig, sondern eben logisch.
Und wenn er
ein Wesen ist, das nicht den Regeln der Logik folgt, haben wir Philosophen
diesen Kampf schon verloren, nicht wahr? 😄 Denn dann
können wir ihn nicht logisch widerlegen. Und dann könnte es sein, dass er Dinge
schaffen kann, die nicht logisch existieren können. Aber das liegt dann
außerhalb unseres Fassungsvermögens.
Dieses
Paradoxon ist also eine nette Spielerei, aber erreicht leider nicht, was es
will. Sehr interessant aber :)
Heraklit: ,,Man steigt niemals zweimal in denselben Fluss"
Ich habe heute
ein Zitat für euch, das mir über den Tag immer mal wieder in den Sinn gekommen
ist. Es kommt von dem antiken griechischen Philosophen Heraklit. Auch wenn es
dazu Zweifel gibt, soll er gesagt haben: ,,Man steigt niemals zweimal in
denselben Fluss". Was will er damit sagen?
Heraklit hat
hier über das Wesen der Welt gesprochen, und wie im Grunde nie etwas konstant
bleibt. Wir sind alle Teil einer riesigen Erde, die sich ständig
weiterentwickelt. Ebenso biologisch wie gesellschaftlich. Und das, obwohl alles
im selben Kreislauf bestehen bleibt. Nichts geht jemals wirklich verloren und
nichts kommt jemals wirklich neu dazu. Und trotzdem bleibt nie etwas, wie es
ist. Wie in einem Fluss, der zwar immer fließt, aber immer mit anderem Wasser
und an anderen Steinen entlang. Und das Wasser geht ja auch nicht verloren,
sondern verändert nur seine Form und den Ort. Heraklit hat daher auch gesagt:
,,Der Mensch ist nie, er wird immer."
Ich finde das
Zitat sehr beruhigend, weil es zeigt, dass Veränderung ganz normal ist. Etwas,
vor dem wir manchmal vielleicht Angst haben. Müssen wir aber gar nicht: Wir
verlieren ja nichts! Es verschieben sich nur hier und da ein paar Dinge und
Körper. Nichts steht komplett fest in den Sternen geschrieben und an allem kann
man etwas drehen. Und dafür, dass etwas an einer Stelle wegfällt, kommt immer
irgendetwas dazu.
Nun, zumindest
wenn man den Ausspruch so lesen will 😄
Max Stirner: Ein selbstironischer Philosoph
Vielleicht
habt ihr schon einmal das Bild des Philosophen Max Stirner gesehen. Schaut es
gern einmal nach, vielleicht kommt es euch bekannt vor! Darf ich vorstellen:
Das ist der Philosoph Max Stirner aus dem 19. Jahrhundert. Ihr werdet ihn bei
der nächsten Folge näher kennenlernen, weil er einen wichtigen Text über den
Egoismus geschrieben hat :)
Doch wie war
der Name nochmal? Stirner? Und dann hat er auf den bekanntesten
Bildern von sich eine hohe Stirn? Ich muss zugeben, mir ist das nicht sofort
aufgefallen, als ich mit der Recherche begonnen habe. Aber dann kam es mir doch
komisch vor und siehe da: ,,Max Stirner" ist gar nicht der richtige Name
dieses Mannes 😄
Denn
eigentlich hieß er Johann Kasper Schmidt, also noch nicht einmal in der Nähe
von ,,Max Stirner". Aber warum hat er sich so genannt? Ganz einfach: Er
hatte schon immer eine recht hohe Stirn! Das sieht man auf den Bildern ganz
gut, auch wenn das beides Zeichnungen, bzw. Karikaturen des befreundeten
Philosophen Friedrich Engels sind.
Aber so hat er
sich ganz einfach entschieden, das als Künstlernamen/Pseudonym zu nehmen. Der
Vorname, ,,Max" kommt von ,,Maximum", womit er sich wohl entweder
selbst als ,,den Großen" bezeichnen wollte oder seine Stirn 😄
Der Pessimist Jean-Paul Sartre: ,,In der Liebe sind eins und eins gleich eins."
Pessimist? Wie
würde man darauf kommen? Das Zitat klingt ja eigentlich recht nett :)
Tatsächlich habe ich es auch auf einem positiven Instagram-Post zur Liebe
gesehen. Und dann kamen da alle an mit ,,Oh, wie romantisch! Und es stimmt
auch: Man wird eins mit dem/der Partner/in 😍😍"
Aber wie ist das Zitat tatsächlich gemeint? Sartre hatte nämlich eigentlich
nicht vor, einen schönen Vers zur Liebe zu verfassen. Überhaupt hatte sein
Denkprozess wenig Romantisches. Der Philosoph hat nämlich nicht wirklich an die
Liebe geglaubt. Für ihn hatte dieser ganze Prozess etwas zutiefst Unlogisches.
Ich habe in meiner Sinnfolge viel darüber gesprochen: Ihr kennt doch sicher das
Sartre-Zitat ,,Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein", oder? Das
heißt, dass wir uns durch unseren freien Willen in jeder Lebenslage einen
eigenen Sinn geben. Es gibt nämlich keinen ersichtlichen von außen und wir
brauchen immer eine Lebensrichtung. Auch wenn wir immer nach etwas suchen, das
uns diese Richtung von außen gibt, wollen wir das eigentlich nach den eigenen
Bedingungen tun. Wir glauben nur so lange gern an Gott, wie es in unser Leben
passt. Und auch nur an den, der es tut. Sartre nennt unser Sein ein Sein
für-sich. Wandelbar, nicht fest und auch nicht objektiv sinnhaft. Im Gegensatz
zum Sein an-sich, das genau das Gegenteil ist.
Nun, und genau so sieht der Philosoph die Liebe: Zwei Menschen versuchen, in
der jeweils anderen Person den Lebenssinn für sich selbst zu finden. Wir
versuchen, durch die andere Person zu einem an-sich zu werden, das objektiv
sinnhaft ist. Aber das geht nicht, weil die andere Person ja auch nur ein
für-sich ist. Und so versucht man vergeblich, miteinander zu fusionieren und
sich zu festigen.
Was man aber nicht realisiert: In der Liebe sind wir noch immer komplett freie
Wesen. Und wenn wir es wollen, kann dieses ganze Konstrukt in einem Tag
zusammenfallen, einfach so. Ein Unwille, und man ist weg. Für die Liebenden mag
eins und eins gleich eins sein. Aber am Ende sind wir alle nur sinnleere und
einsame Für-Sichs, die sich mit anderen Für-Sichs ein bisschen Trost und
scheinbare Festigkeit beschaffen wollen. In dem Sinne ist eins und eins
eigentlich zwei.
Das falsche Karl Marx - Zitat
Habt ihr das
Zitat: ,,Religion ist das Optium des Volkes" schon einmal gehört? Oder
vielleicht die Version ,,Religion ist Opium für das Volk"?
Denn das wäre
ein falsches Zitat. Doch was ist der Unterschied? Und was will der Philosoph
uns damit sagen?
Das
Originalzitat kommt aus einer Passage der Schrift ,,Kritik an Hegels
Rechtsphilosophie". Zugebenermaßen es auch nur sinngemäß und nicht direkt
wiedergegeben, doch es trifft eher, was der Philosoph eigentlich sagen wollte:
Und zwar, seine Sicht auf Religionen darzustellen: Es wirkt auf den ersten
Blick natürlich so, als würde er Religionen verachten, aber das ist gar nicht
so. Was Marx meint, ist, dass Religionen Menschen eine Zuflucht und Sicherheit
vor einer rauen Welt bieten. Ein bisschen Hoffnung, wo sonst wenig davon zu
finden ist.
Die Schuld für
diese traurige Ausgangssituation der Menschen sieht der Philosoph natürlich im
Kapitalismus. Und in diesem Rahmen versteht er die Menschen auch und erkennt
Religionen in dieser Funktion an. Nur würde es das in seiner kommunistischen
Vision natürlich nicht brauchen. Denn selbst wenn Marx kein Religionsfeind war,
war er von dem Konzept und der absoluten Notwendigkeit nicht überzeugt.
Doch was hat es
jetzt mit diesem Fehlzitat auf sich? ,,Religion ist Opium für das Volk"
war vor allem ein populäres Zitat zu Zeiten Lenins und der Sowjetunion. Denn
während Marx einfach nur das Phänomen der Religion erklären wollte, wird es
hier als Feindbild dargestellt. Ein Opiat, das von außen dem Volk verabreicht
wird, damit es Ruhe gibt. Schon ein etwas anderer Ton, nicht wahr? Und das ist
natürlich etwas, von dem man sich losreißen muss! So wurde das verständliche
Hilfsmittel für mehr Hoffnung im Leben zum Kontrollmittel von unrechtmäßigen
Regierungen. Was den kommunistischen Führungsmächten natürlich in die Hände
gespielt hat: Denn in Ländern, die so regiert wurden, waren starke
Institutionen wie die Kirche nicht sonderlich erwünscht.
Nun, zumindest
ist das eine Interpretationsweise. Manchmal werden Dinge auch einfach aus
Versehen falsch übersetzt und weitergetragen. Wie es bei Sokrates teilweise der
Fall war.
Was hat es mit meinem Podcastbild auf sich?
Erinnert ihr euch noch, als ich das alte Podcastbild
hatte? Die Höhle? Sie hat gut mit der ersten Folge gepasst, aber es war nur
einfach irgendein Bild aus dem Internet. 🤷♂️
Dieses Bild,
bzw. die Schuhe und Beine darauf sind meine (Also, anderenfalls wäre das auch
komisch 😄) Aber es hat auch einen bestimmten Hintergrund,
deshalb habe ich es gemacht und dann später für den Podcast genommen. Dieses
Buch da, das man halb sieht, ist der Platon-Dialog ,,Theaitetos". Eines
der ersten philosophischen Bücher, das ich gelesen und etwas bearbeitet hab. Wie
man vielleicht an den gelben Zetteln sieht :) 📚
Das war noch
aus der Zeit, in der ich für mich selbst philosophische Fragen bearbeitet habe,
genauer gesagt im Frühjahr 2021! Damals war ich mit der Frage um den Sinn des
Lebens schon fertig und habe mit ,,Was ist Realität?" angefangen. Was
später zu der Folge ,,Was können wir wissen?" wurde.
Und damals
konnte ich in meinem kleinen Zimmer nicht so gut lernen, deshalb habe ich mich
auf eine sonnige Wiese gesetzt und dort gelesen. 🌞Und irgendwie
habe ich mich so friedlich gefühlt und habe das mit diesem Bild festhalten
wollen! Es waren Tage wie diese, an denen ich langsam gemerkt habe, wie gern
ich das philosophische Studium habe. Meine Motivation, mich tiefer in die
Themen hineinzusteigern und selbst zu forschen: Hier hat das richtig
angefangen.
Und deshalb
finde ich, dass es kein passenderes Bild für diesen Podcast gibt :)
Existenzphilosophie in ,,The Legend of Zelda - Breath of the Wild"
Ok Leute, heute gibt's eine kurze Geschichte aus meinem Leben 😄
Also
Folgendes: Ich besitze seit einiger Zeit eine Nintendo Switch und spiel da vor
allem ganz gern ,,The Legend of Zelda - Breath of the Wild" drauf. Und
eine gute Freundin von mir auch, mit einem eigenen Spielstand. So weit so gut,
so weit so unphilosophisch. 😄 Aber Moment:
Meine Switch
ist nämlich seit einiger Zeit leider kaputt und ich habe sie heute zur
Reparatur eingeschickt. Das heißt aber auch, dass die Speicherstände
wegmussten. (Zumindest so ohne Weiteres). :(
Gestern hat
sie dann also auf diesem Spielstand ihr letztes Spiel gespielt. Für alle, die
das Spielprinzip übrigens nicht kennen: Wichtig ist nur, dass man in dem Spiel
als eine Figur herumrennt und Sachen aufsammelt oder Gegner angreift. Ganz
simpel :)
Und es war
interessant, zuzuschauen: Denn egal, was sie in dem Spielstand getan hätte,
alles würde beim nächsten Mal gelöscht sein. Also, wie hat sie gespielt? 🤔
Wie immer!
Seltene Gegenstände aufgesammelt, um welche zu haben. Starke Waffen aufgespart,
damit sie nicht bei einfachen Gegnern zum Einsatz kommen und kaputtgehen. Nicht
zu viel Geld im Shop ausgegeben, damit etwas bleibt. Und das, obwohl weder die
seltenen Gegenstände, noch die starken Waffen, noch das viele Geld ihr erhalten
bleiben konnten. 🤔 Und wisst ihr
was? Ich hätte es wahrscheinlich genauso gemacht.
Es ist
interessant, oder? Nichts symbolisiert den Widersinn im menschlichen Lebens
besser als das, wie ich finde. Denn wir können letzten Endes nichts von dem,
was wir hier sammeln, auf die andere Seite mitnehmen. Aber würden wir nicht
alle selbst am letzten Tag noch die Vorratskammern füllen und sorgsam
wirtschaften?
Man könnte
sagen, dass das die Sinnlosigkeit des Kreislaufs und der Mühen widerspiegelt.
Aber muss das immer so negativ sein? Denn zeigt dieser Fall nicht eher, dass
das Leben auch so schön sein kann? Oder vielleicht gerade deshalb! Vielleicht
ist es gar nicht wichtig, dass alles ewig und sinnhaft ist. Wenn man etwas
Schönes im Vorbeifliegen erwischt, ist das doch eigentlich an sich schon gut
genug.
Und ich fand
diesen Gedanken einfach schön und wollte ihn mit euch teilen :)
Ein Liebesdrama unter den antiken Philosophen
Ich habe den Dialog ,,Symposion" von Platon ja jetzt schon zweimal in
diesem Blog erwähnt. Aber wusstet ihr, dass es unter den Anwesenden während des
ganzen Gesprächs ziemlich heiß herging? 😄🔥
Als Sokrates
mit seinem Begleiter zum Beispiel beim Festmahl ankommt, bittet ihn der
Gastgeber Agathon sofort, dass er sich neben ihn legt, nachdem er ihn dreimal
zu sich hat rufen lassen 👀👀
Hier die
Stelle, da ruft er: ,,Hierher Sokrates, leg dich neben mich, damit mir durch
deine Berührung von der Weisheit zuteil werde, die du dort an der Tür gewonnen
hast" 🥵
Zu harmlos?
Nur ein sprachliches Mittel? Schauen wir ein bisschen weiter nach vorne. Ein
Mann namens Alkibiades kommt nach allen Reden betrunken in den Raum gerannt und
lässt seinem Neid freien Lauf:
,,Sokrates
hier? Mir wieder aufzulauern hast du hier deinen Platz genommen [...] [D]u hast
es zuwege gebracht, gerade neben dem schönsten von allen Anwesenden zu
liegen!" 👀👀👀
Aber dann war
er wohl eher in Sokrates selbst verliebt: ,,Da ich nun glaubte, er (Sokrates)
habe es auf meine jugendliche Schönheit abgesehen, hielt ich das für einen
unverhofften Fund und für einen wunderbaren Glücksfall [.]" 🔥
Und es wird
intense:
,,Ich war nun,
ihr Männer, ganz allein mit ihm zusammen und nahm an, er würde mit mir sprechen,
wie ein Liebhaber mit seinem Geliebten [.]"
,,Er legte
sich also zur Ruhe auf das Lager neben meinem, [...] und niemand sonst schlief
in dem Zimmer als wir [...] Ich stieß ihn also an und fragte: Sokrates,
schläfst du? [...] Du bist, meine ich, der einzige von meinen Liebhabern, der
es wert ist, es zu sein [.] 👀👀
Aber Sokrates
schien diesen Vibe nicht so gefühlt zu haben, denn er hat wohl nur gesagt:
,,Suchst du doch vielmehr, für den bloßen Schein der Schönheit dir die wahre
Schönheit anzueignen [...] Aber, mein Guter, schau genauer hin, damit du dich
nicht täuschst, und es ist gar nichts an mir. Das Auge des Geistes fängt erst
an, scharf zu sehen, wenn das des Leibes seine Schärfe zu verlieren beginnt.
Davon bist du noch weit entfernt."
Ein klassischer Korb :( Armer Alkibiades!
Das falsche Sokrates-Zitat
Wusstet ihr, dass ,,Ich weiß, dass ich nichts weiß", eigentlich ein
ungenaues Zitat ist?
Es stammt aus der Verteidigungsrede des Sokrates vor Gericht, der
,,Apologie". Der römische Philosoph Cicero hatte den Text damals
übersetzt.
Was ist der Unterschied? ,,Ich weiß, dass ich nichts weiß" ist ein
Paradoxon, denn wenn man weiß, dass man nichts weiß, weiß man ja etwas - und
damit nicht nichts. Klingt natürlich cool, aber Sokrates wollte uns eigentlich
keinen Spruch zum Spielen geben.
,,Ich weiß, dass ich nicht weiß" hat er gesagt, weil ihm vorgeworfen
wurde, er würde sich für den weisesten Menschen der Welt halten. Und da hat er
gesagt, er würde eigentlich gar nicht so viel mehr wissen als alle anderen
Menschen. Aber die Erkenntnis, die ihn speziell machen würde, sei die, dass er
weiß, dass das ganze menschliche Wissen eigentlich nichtig ist.
Denn wir können so schlau sein, wie wir wollen. Aber im großen Rahmen wissen
wir eigentlich gar nichts. Wir kennen nicht den Sinn des Lebens, wir wissen
nicht, was unser Ziel ist und auch nicht, was nach dem Tod passiert. Deswegen
ist unser Wissen eigentlich ein Nicht-Wissen.
Und deswegen sagt Sokrates, dass er als einer der wenigen weiß, dass er
eigentlich nicht weiß.
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