#41 FAQ
Zusammenfassung
Hallo zusammen! In dieser Folge geht es um keine konkrete Thematik, sondern ich antworte mal auf eure Kommentare und sage etwas zu den Abstimmungen. Ich habe inzwischen 40 Folgen und das möchte ich auch ein bisschen feiern! Was ist der Sinn des Lebens? Wozu brauchen wir die Moral? Bleiben wir immer dieselbe Person? Gibt es Gott? Was habt ihr alles dazu gesagt? Eure Abstimmungen zeigen auch ein interessantes Bild: Glaubt ihr eher an die Freiheit oder den Determinismus? Was haltet ihr vom Glauben an Gott? Warum bestrafen wir? Das alles schaue ich mir heute mal an. Hallo zusammen und herzlich willkommen zurück zu einer weiteren Folge von „Philosophie für zwischendurch“!
Einleitung
Heute gibt kein großes
philosophisches Thema, ich habe nämlich eine ganz besondere Folge für euch: In
dieser Woche möchte ich einmal auf eure Kommentare und Abstimmungen eingehen! Jetzt
konnte ich ja schon seit Oktober 2021 sammeln.
Zunächst einmal vielen Dank an alle, die kommentiert haben! Diese kleine
Funktion hilft mir sehr, um ein bisschen Feedback und Denkanstöße zu bekommen.
Ich bin ja selbst auch nur Student und eigne mir dieses ganze Wissen erst ein
paar Wochen davor an. Was mich neben den Diskussionen auch sehr freut, ist
natürlich das viele Lob, das ich oft von euch lese. Das bedeutet mir echt viel,
immerhin ist dieser Podcast vor allem ein Hobby von mir. Aber ich werde diese
Kommentare natürlich nicht alle einzeln vorlesen und behandeln, es gibt ja
nicht so viel dazu zu sagen. Es sei denn, ihr wollt eine Folge, in der ich euch
nur erzähle, wie toll ich bin. Lässt sich natürlich einrichten. Wenn ich sie
aber schon nicht vorlese, möchte ich zumindest die Namen der Ersteller:innen
erwähnen. Also vielen lieben Dank an Naddy, Tine, Felineu, Gabi, Leapold,
Stussdeluxe, bzw. Dani, marianathan.vaske, Ixam und Monika Böller für eure
lieben Kommentare auf Spotify und Youtube! Anderswo sehe ich eure Fragen und
Anmerkungen leider nicht, also tut es mir leid, wenn ihr woanders geschrieben
haben solltet. Aber wenn ihr mögt, teilt es mir dann gern noch einmal auf
Spotify, Youtube, oder auch Insta und Mail mit! Falls ihr übrigens schon auf
eine Antwort über Spotify gewartet habt: Ich kann über die Q&A-Funktion,
was es ja eigentlich ist, leider nicht antworten. Es ist ja eher darauf
ausgelegt, dass ich euch Fragen für eine Folge in der Zukunft stellen lasse und
weniger als Forum. Deswegen kann ich auf eure Kommentare leider nicht eingehen.
Aber keine Sorge, ich lese sie natürlich alle und pinne sie auch an, damit alle
etwas davon haben. Bisher habe ich da das Maximum zumindest noch nicht
erreicht. Ich glaube, es liegt bei 5. Auf Youtube kann ich dagegen natürlich
antworten, was ich auch tue, wenn ich den Kommentar sehe.
Vielen Dank auch an alle, die auf Spotify mit abstimmen! Eigentlich sind auch
diese Abstimmungen dafür gedacht, dass man sie auf wenige Tage oder Wochen
begrenzt. Sie sind nämlich eher auf praktische Fragen ausgelegt, wie, was ich
als nächstes hochladen soll oder so. Aber wer sagt, dass ich immer nach den
Regeln spielen muss? Ich verlängere diese Abstimmungen eigentlich immer um
jeweils ein Jahr und lasse sie dadurch im Grunde für immer offen. Ich will ja
jeder Person die Möglichkeit geben, abzustimmen! Man erhält dadurch über die
Zeit echt ein interessantes Stimmungsbild. Diese Funktion wirkt wahrscheinlich,
als wäre sie gar keine so große Sache: Die Fragen sind sehr offen und die
Abstimmung anonym. Aber es ist einfach interessant zu sehen, was ihr so denkt.
Und wenn man keine Lust hat, zu kommentieren, was ich verstehe, ist das sozusagen
die Möglichkeit eines „stillen“ Kommentars. Ich bekomme also auch hier ein
bisschen Feedback und es zeigt mir auch, dass ihr euch für den Stoff
interessiert und selbst darüber nachdenkt! Ich brauche außerdem manchmal auch
meinen reality-check, wenn ich wie bei der Zeitenfolge ganz abgedrehte Theorien
vorstelle. Tatsächlich wird es darum auch später gehen. Es ist in der
Philosophie tatsächlich wichtiger als ihr denkt, dass Theorien plausibel und
intuitiv sind. Denn unsere Intuition ist bei den hohen metaphysischen Fragen
oft das einzige Instrument, das wir haben.
So, und dann möchte ich mich noch kurz bei den Leuten bedanken, die mir per
Mail oder Instagram geschrieben haben. Natürlich werde ich diese Nachrichten
nicht vorlesen. Aber folgt mir gern, denn dieser Instagram-Kanal ist ein
bisschen ein neueres Projekt für mich! Jetzt habe ich ihn die letzten Wochen
etwas schleifen gelassen, weil ich mein eigenes Leben kurz noch übernehmen
musste, aber jetzt kommt bestimmt wieder etwas regulär Content darauf! Und das
heißt: Im Voraus Trailer zu den Folgen, die aktuell herauskommen,
Philosophie-Memes und einige Textbeiträge zu Fragen, die interessant, aber
nicht groß genug für eine Folge sind. Es ist auch generell einfach schön, nicht
nur mit dem Mikro zu sprechen, sondern zu sehen, dass ich auch Leute erreiche!
Und da habt ihr natürlich noch mehr Möglichkeiten, Fragen zu stellen. Zum
Beispiel wurde ich ein paarmal zum Philosophiestudium etwas gefragt oder wie
ich die Folgen mache. Wenn ihr also irgendwelche Fragen habt, bei denen ich
euch helfen kann, antworte ich euch auf jeden Fall!
Aber bei dem allen natürlich kein Druck: Wenn ihr zu den stillen Zuhörer:innen gehört,
die mir nicht folgen, kommentieren oder abstimmen, sondern einfach nur die ein
oder andere Folge hören, ist das gar kein Ding! Deshalb sind diese
Möglichkeiten ja offen für alle, dass man sich herauspicken kann, worauf man
Lust hat. Und die Stillen sind in jeder Community die größte Menge. Viele Grüße
und vielen Dank also natürlich auch an euch!
Einschub
Bevor es jetzt mit der
ersten Folge losgeht, zwei kurze Sachen. Ich habe vor einigen Tagen ein neues
Projekt für diesen Podcast gestartet: Meinen eigenen Blog! Da werde ich alle
Skripte und Texte für die Trailer ein bisschen aufbereitet hochladen, dass ihr
die Folgen auch in Schriftform habt! Falls ihr mal ein anderes Format wollt,
etwas nachlesen, was ihr nicht mehr ganz im Kopf habt oder eine bestimmte
Stelle in den Folgen sucht und sie nicht komplett neu anhören wollt, schaltet
da gern ein! Ich habe momentan nur meine ersten beiden Folgen drauf und es wird
auch noch eine Weile dauern, aber nach und nach wird da alles kommen. Ihr
findet den Blog unter philosophiefuerzwischendurch.blogspot.com oder einfach in
meinem Linktree in der Beschreibung!
Und damit zur zweiten Sache: Ich habe ja schon einmal von der
Spendenmöglichkeit über PayPal erzählt, und inzwischen hat meine Hosting
Plattform, Anchor, über die ich diesen Podcast hochlade, eine ähnliche Funktion
integriert. Wenn ihr also kein PayPal haben solltet und trotzdem etwas spenden
wollt, gibt es dazu einen Link mit den anderen im Linktree! Anchor bietet die
Option einer monatlichen Spende von einem bis 10 Euro an und ihr werdet mir
dann auch direkt als Unterstützer:innen auf Anchor angezeigt – ist vielleicht
ein bisschen persönlicher. Wenn es doch lieber einzeln sein soll, dann gibt es
noch immer den PayPal. Aber bei dem allen kein Stress. Ich habe auch einen
Kommentar gelesen, in dem es hieß, dass man gerne spenden würde, aber momentan
nicht wirklich die Mittel dazu zur Verfügung stehen. Alles kein Problem, alles
kann, nichts muss. Das hier ist nach wie vor ein Hobby von mir und es macht mir
sehr viel Spaß! Aber natürlich verdiene ich damit nichts, und arbeite teilweise
recht lang an den Folgen, also wenn ihr Lust habt, denkt gern darüber nach.
Gut, aber jetzt dann zurück zur Folge!
#02 Was ist der Sinn des Lebens?
Kommen wir zur ersten
Folge, die ich mit euch besprechen will. Und zwar ist das die zum Sinn des
Lebens, die Nummer 2. Diese Folge ist einfach ein Phänomen, sage ich euch. Sie ist
mit Abstand noch immer die beliebteste, nach über einem Jahr, mit über 1600
Klicks und 80 Abstimmungen! Und es war auch meine inhaltlich erste Folge, zu
der ich das Material schon ein Jahr vor Erstellung des Podcasts beisammen
hatte. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist wahrscheinlich auch die, die die
Philosophie am ehesten ausmacht.
Ich möchte hier auf beide Kommentare eingehen, zuerst den von Dunja Habbal. Ich
weiß leider nicht genau, wie man den Namen ausspricht, aber ich hoffe, das
kommt in die Nähe. Der Kommentar fasst im Grunde zusammen, was ich in der Folge
sage: „Der Sinn des Lebens ist Freiheit, Liebe, Glücklichsein, seine Träume und
Ziele zu verwirklichen und lernen zu leben, anstatt immer an die Arbeit zu
denken“. Das ist kurz und knapp und sagt im Grunde alles aus, was man braucht.
Das, was ich daran so schön fand, ist, dass es sehr simpel wirkt, aber in der
Realität eins der schwierigsten Dinge, die man sich vorstellen kann. Nicht aus
den Augen zu verlieren, was man wirklich vom Leben will. Die Arbeit nicht
einfach nur aus Reflex als den Lebenssinn zu setzen, auch wenn sie das
natürlich sein kann. Als Mensch ist es wichtig, nicht nur funktional für die
Gesellschaft zu sein, sondern auch zu genießen und sich ein bisschen Frieden zu
schenken. Ein sehr schöner Kommentar, vielen Dank dafür! Ein zweiter Kommentar
kommt von Lara, die sagt, dass ein sinnhaftes Leben ohne Gesellschaft nicht
sonderlich erfüllend ist. Man braucht zwischenmenschliche Beziehungen, denn
allein will niemand sein. Und das ist wahr! Ein bisschen die andere Seite der
Münze. Da kann ich auch gleich etwas in Bezug zur Abstimmung sagen.
Denn die hat auch ein interessantes Ergebnis erzielt. Sie handelt davon, woran
sich der eigene Lebensentwurf am ehesten richtet. Zur Erklärung: Jean-Paul
Sartre vertritt die Theorie, dass Menschen für ihr Leben eigenständig immer
wieder Sinn stiften, indem sie Pläne für die Zukunft machen. Das sind
sogenannte Lebensentwürfe, die sich immer nach Erfahrungen aus der
Vergangenheit und Erwartungen an die Zukunft richten. Ich habe euch gefragt, ob
ihr diese Pläne eher nach euch selbst, Freund:innen, Familie, Partner:innen,
Gott oder der Gesellschaft ausrichtet. Und die Mehrheit hat tatsächlich sich
selbst genannt.
Wie ich finde, ist das ein sehr gutes Ergebnis, denn man sollte bei diesem
Thema wahrscheinlich am ehesten auf sich selbst schauen. Man ist für das eigene
Leben verantwortlich und kennt es am besten. Das einzusehen, ist ein wichtiger
Schritt in Richtung Autonomie. Aber, und da kommt noch einmal Laras Anmerkung
ins Spiel, andere Menschen, die man in seinem Leben hat, spielen auch eine
große Rolle! Es ist wichtig, sich auf sich selbst zu konzentrieren, aber wenn
man diese Menschen aus den Augen verliert, bleibt einem nicht mehr viel. Und
oft kennen sie einen auch sehr gut und wissen, was gut für einen ist: Man
sollte wohl in den Lebensentwürfen manchmal auch auf sie hören. Was die anderen
Optionen angeht, ist schnell alles gesagt: Die Gesellschaft lenkt in der ein
oder anderen Form ja doch auch alles, was wir denken und tun, daher ist sie
wahrscheinlich in jedem Entwurf vertreten. Und was Gott angeht, ist das
natürlich eine Glaubenssache. Jedenfalls ein sehr interessantes Stimmungsbild,
vielen Dank!
#09 Bleiben wir immer
dieselbe Person?
Und damit kommen wir zur
nächsten Folge. In der Nummer 9 habe ich die Frage gestellt, ob wir immer
dieselbe Person bleiben. Übrigens auch eine meiner Lieblingsfolgen: Nach
welchem Kriterium kann man eine Person über die Zeit eigentlich wirklich noch
als ein und dieselbe bezeichnen? Denn es verändern sich nach und nach die biologische
Zusammensetzung und die Persönlichkeit. Der Philosoph Parfit hat festgelegt,
dass wir nur durch Erinnerungen, den Charakter und Wünsche mit einer Person
verbunden sind: So haben wir dieselben Erinnerungen wie früher, können diese
aber auch mit anderen Menschen teilen, wie den Charakter oder Wünsche. Im
Grunde bin ich meiner besten Freundin jetzt näher als mir selbst vor 10 Jahren.
Hier sind mir zwei Kommentare ins Auge gesprungen. Naddy hat kommentiert, dass
sie eigentlich noch sehr mit ihrem Ich von vor 10 Jahren verbunden ist, weil
gewisse Hobbys von damals noch immer geblieben sind. Außerdem war es das Ich in
der Vergangenheit, das die Gegenwart überhaupt erst ermöglicht hat. Das muss
also schon etwas Wert sein. Tine sagt dagegen, dass man als Mensch wie ein
Mosaik ist, das eben aus diesen Kriterien von Parfit aufgebaut ist. Man geht
quasi durch das Leben als flexibles und wandelbares Wesen, das nie wirklich
gleichbleibt.
Im Grunde ist beides wahr: Auf der einen Seite ist es normal, dass sich im
Laufe des Lebens alles ständig verändert. Man ist irgendwann so weit, dass man
noch nicht einmal mehr weiß, wer die Person noch ist, die man mal war. Man
spürt das wohl am ehesten im Wechsel zum Erwachsenenalter.
Aber wir entfernen uns, außer in Extremfällen, nie komplett von unserem
ursprünglichen Ich. Kern-Charakterzüge bleiben immer gleich und verschwinden
nicht einfach. Man entwickelt sich außerdem, sodass man immer ein Abbild der
Vergangenheit ist und nicht einfach ein ausgetauschter Mensch. Damit bleiben
der Charakter, Wünsche und Erinnerungen sehr lange bestehen - sonst gäbe es
wohl auch keine Basis, noch zu wissen, wer wer ist.
Diese zwei Kommentare haben offenbar eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung,
was die Person angeht: einer geht es eher um das Konstante und der anderen um
die Veränderung. Vielen Dank auf jeden Fall!
#10 Ist unser Leben vorherbestimmt?
Nächste Folge. Und zwar
die Nr. 10: „Ist unser Leben vorherbestimmt?“ Hier ist die Abstimmung besonders
interessant. Es ging darum, ob es eher plausibel wirkt, dass wir in unserem
Leben frei oder determiniert sind. Haben wir eine tatsächlich freie
Entscheidungsgewalt oder wird uns alles durch biologische und gesellschaftliche
Faktoren vorgegeben? Die meisten von euch scheinen der Meinung zu sein, wir
wären nicht frei, sondern komplett determiniert. Das ist auf jeden Fall
interessant. Ich verstehe, dass das sehr intuitiv wirkt, denn jeder Wunsch ist
an irgendeinen äußeren Faktor angelehnt. Bedürfnisse wie zu essen können wir
nicht einfach abstellen. Jedoch muss man einwerfen, dass der harte
Determinismus ein radikaler Schritt ist: Indem man die komplette Determinierung
der Menschheit annimmt, spricht man jeder Person die Verantwortung über ihre
eigenen Handlungen ab. Und dann wird es etwas undurchsichtig, wen man noch als
moralisch gut, lobenswert oder bestrafenswert ansehen soll.
Ich möchte auch über einen Kommentar unter dieser Folge sprechen, und zwar von
Georg. Er sagt, dass wir uns frei fühlen, wenn unsere inneren Kräfte im
Einklang sind. Ansonsten ist er aber wohl Anhänger der Idee der „ewigen
Wiederkunft“ wie Nietzsche. Dazu kommen wir gleich, aber zuerst will ich über
den ersten Part des Kommentars reden. Wenn ich das richtig verstanden habe,
meint Georg, dass wir uns frei fühlen, wenn wir tun können, was wir wollen. Das
hat mit der Idee der Trennung zwischen Willens- und Handlungsfreiheit nach
Frankfurt zu tun, die ich in der Folge erwähne. Wir haben zu jeder Zeit einen
Willen, der auch von außerhalb kommen kann, wie der Grundinstinkt zu essen.
Aber wenn wir eben auch essen wollen und es gerade können, haben
wir das Gefühl, frei dazu zu sein. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass
uns der Wunsch nach Essen vorgeschrieben ist. Es ist nicht in unserer Freiheit,
nichts essen zu wollen. Praktischerweise haben wir aber auch Hunger, sodass uns
das egal ist. Wenn man es streng sieht, zeigt das aber, dass Freiheit eine
Illusion ist.
Ein kurzer Einwurf aber dazu: Das muss nicht unbedingt sein. Klar kann man das
als Anlass nehmen zu sagen, dass das Leben komplett determiniert ist. Harte
Determinst:innen gehen diesen Weg. Die Mehrheit der Philosophielandschaft in
diesem Fachgebiet besteht aber aus kompatiblistischen Theorien. Was heißt das?
Das heißt, dass es die Freiheit neben der Determinierung geben kann. Denn auch
wenn wir essen wollen müssen, sind wir ja weniger frei, wenn wir es
nicht können, als wenn wir es können. Und wir müssen selbst handeln, um uns
Essen zu beschaffen, das wird uns nicht vorgelegt. Der Philosoph David Hume hat
zum Beispiel die folgende Freiheitskonzeption: Wir sind frei, wenn wir tun
können, was wir wollen. Es gibt auch libertarianistische Theorien, die davon
ausgehen, dass wir komplett frei sind. Aber sie haben alle das Problem, Handlungen
in ihrem Ursprung zu erklären. Wieso sollten wir überhaupt irgendetwas tun,
wenn es sich nicht nach der Rationalität, Biologie oder Gesetzen richten muss?
Aber so viel dazu. Was hat es mit der ewigen Wiederkunft auf sich? Damit das
hier nicht ausufert, mache ich das mal ganz grob. Nietzsche sagt im Grunde,
dass sich alle Ereignisse auf der Welt zyklisch bis in die Unendlichkeit
wiederholen. Unser Leben selbst tut das: So wie wir gerade leben, wird jemand
immer wieder im Verlauf der Geschichte gelebt haben und Leben. Die Welt besteht
aus Parallelen. Denn Menschen bleiben immer gleich, wieso sollte sich da etwas
verändern, nur weil wir das Internet haben? Das sieht Nietzsche als eine Art
von ewigem Leben in ewiger Determinierung. Klingt sehr dystopisch, wobei es für
ihn eine tolle Sache war: Er war ja so sehr in das Leben verliebt. Aber damit
ist schon vorherbestimmt, wie wir uns in unserem Leben verhalten, denn es ist
schon einmal passiert. Eine interessante Theorie, bei der man wahrscheinlich
schauen müsste, wie eng Nietzsche die Freiheit sieht. Aber ein sehr
interessanter Kommentar, Dankeschön!
#20 Gibt es Gott?
Jetzt machen wir einen
kleinen Sprung in die 20. Folge. „Gibt es Gott?“ war hier die Frage. Das
Abstimmungsergebnis ist hier vor allem in Relation zur 26. Folge interessant.
Ich habe in dieser Folge von euch wissen wollen, ob ihr denn an Gott glaubt.
Die Mehrheit von euch hat mit „ja“ gestimmt. In der 26. Folge war meine Frage
dagegen: „Wozu glauben wir an Gott?“ Hier hat uns Hegel zum Beispiel
gesagt, dass uns der Glaube an Gott Wahrheit, Sinn und Hoffnung gibt. Nietzsche
war dagegen der Meinung, dass man von ihm ablassen und das Leben selbst in die
Hand nehmen sollte. Und hier war die Mehrheit auf der Seite von Nietzsche. Ich
habe hier also offenbar einen kleinen Zwiespalt in der Community, sehr
interessant.
Außerdem gab es zwei Kommentare unter der Gottesfolge Nr. 20, auf die ich gern
eingehen würde. Felineu hat gefragt, ob ein beweisbarer Gott überhaupt noch
etwas Tröstliches an sich hätte. Und das ist ein guter Punkt. Ein Gott ist
immer dieses große Konzept, das über uns steht und alles umfasst. Sobald man
ihn aber definiert und eingrenzt, macht man ihn klein. Vielleiht ist Gott als
Konzept deutlich besser für uns als als konkretes Wesen. Darauf gehe ich auch
in dieser 26. Folge weiter ein. Tine fand die Frage, ob man an Gott glaubt, als
Abstimmungsfrage etwas unspezifisch, was sich verstehe. Normalerweise geht es
hier um philosophische Theorien und nicht religiöse Ansichten. Aber es ist eben
das, worauf es am Ende ankommt, denn das Ergebnis der Folge ist, dass Gott sich
nicht beweisen lässt. Weder, dass er existiert, noch, dass er nicht existiert.
Damit ist er nicht mehr Gegenstand der Philosophie, sondern der Theologie.
#21 Frauen in der
Philosophie
Eine Folge später habe
ich euch von den Frauen in der Philosophie erzählt. Ich habe einige Infos zu
Xanthippe, Diotima, Hannah Arendt und Martha Nussbaum herausgearbeitet und sie
kurz vorgestellt. Dann habe ich mit einer fünften Philosophin, Sandra Harding,
zu erklären versucht, wieso es für alle Wissenschaften wichtig ist, neben
Männern auch Frauen zu haben.
Georg fand diese Folge jedoch eher weniger interessant, weil ich zu ungenau auf
die Philosophinnen eingegangen bin und sie nur aufgezählt habe. Diese Kritik
ist verständlich, vor allem zu Hannah Arendt habe ich mich nur sehr knapp
geäußert. Und sie hat wirklich viel veröffentlicht, ebenso Martha Nussbaum. Ich
war mit dieser Folge tatsächlich etwas im Zwiespalt damit, wie ich sie aufbauen
wollte. Ein Ziel war es, zu zeigen, dass es durchaus Frauen in der
Philosophiegeschichte gab, die zu allen Zeiten etwas beigetragen haben. Und
hier wollte ich natürlich möglichst viele nennen, die man auch kennt, damit es
nicht so wirkt, als würde ich einfach nur ein paar Ausnahmen am Rande
aufzählen. Auf der anderen Seite wollte ich aber auch zeigen, dass es nicht nur
ganz nett ist, dass auch Frauen dabei sind, sondern dass man sie gerade deshalb
auch braucht. Deshalb die ganze Theorie mit Sandra Harding. Und dann
wollte ich nicht zu viel Zeit bei den einzelnen Philosophinnen verbringen, da
ich die Folgen nur immer 30 Minuten lang machen will. Auch wenn ich damit
inzwischen deutlich weniger streng bin. Also lange Rede, kurzer Sinn: Die Kritik
ist notiert und angenommen. Vielleicht mache ich einmal in der Zukunft eine
detailliertere Folge über die ein oder andere Philosophin. Inzwischen gibt es
ja zum Glück mehr.
#22 Thanos: Wie weit darf
man für das höchste Gut gehen?
Und weiter geht’s. Meine
22. Folge dreht sich um Thanos und die Frage, wie weit man für das höchste Gut
gehen darf. Es geht hier darum, dass Thanos in den Avengers-Filmen die Hälfte
der Menschheit auslöschen will, um dem Rest ein längeres und gutes Leben zu
ermöglichen. Dadurch, dass wir zu viele Ressourcen vom Planeten nehmen würden,
würde er nicht mehr für die Masse an Menschen, die es gibt, Platz bieten. Ist dieser
Massenmord damit moralisch zulässig?
Ein Kommentar von Felineu besagt, dass ihn das sehr an das Dilemma des
Karneades erinnert. Das Brett von Karneades ist ein philosophisches
Gedankenspiel, das dem Philosophen Karneades von Kyrene aus dem 2. Jhd. v. Chr.
zugeschrieben wird. Das Dilemma geht so: Ein großes Schiff sinkt und zwei
Schiffbrüchige müssen sich irgendwie über Wasser halten, um zu überleben. Alle
anderen Leute sind entweder schon tot oder eben woanders. Jetzt erblicken die
Beiden ein umhertreibendes Brett und schwimmen hin. Sie klammern sich daran
fest und wollen sich hochziehen, merken aber schnell, dass es sie nicht beide
tragen wird. Nur eine Person wird überleben können und natürlich ist jedem das
eigene Leben wichtiger. Und nun die Frage: Wenn eine der Personen die andere
herunterstößt und damit tötet, damit sie selbst überleben kann, kann sie dafür
verurteilt werden?
Eigenlicht ist das eine eher rechtsphilosophische Frage, aber natürlich hat sie
ihre Wurzeln in der Ethik. Thanos ist in den Filmen zwar nicht selbst am
Sterben beteiligt und es ist nicht gesagt, ob die zweite Hälfte der Menschheit
nur ohne die erste überlebt. Aber im Grunde geht es dennoch um dieselbe Frage:
Darf man eine Person oder Personengruppe töten, damit die andere überlebt? Ich
hätte das Dilemma wahrscheinlich erwähnen und mich zu solchen Denkmustern
einlesen können. Aber ich wollte den Hauptfokus auf dem Film halten. Ob er
tatsächlich davon inspiriert ist, weiß ich nicht, kann natürlich sein. Ich kann
mir aber vorstellen, dass diese Form von Gedankenexperimenten auch so
sehr populär ist, als absolute Frage an die Ethik.
#24 Wozu bestrafen wir?
In der nächsten Folge
ging es darum, wozu man bestraft. Platon sagt dazu, dass eine Bestrafung aus
reiner Vergeltung die Gesellschaft nicht weiterbringt und man den Fokus eher
auf Verbesserung setzen sollte. Es gibt keinen Anlass, Straftäter:innen weiter
leiden zu lassen, denn sie leiden schon genug, da sie den Weg zum Guten
verloren haben. Kant sagt dagegen, dass die Strafe aus Vergeltung intrinsisch
gerecht ist und es nicht richtig ist, daraus einen Vorteil holen zu wollen. In
der Abstimmung hat die Mehrheit von euch auch auf eine Strafe aus Vergeltung
gepocht, was ich ehrlich gesagt nicht erwartet habe. Ich muss zugeben, dass ich
eher nach Platon gehe und nicht an den Sinn hinter der Vergeltung glaube, auch
wenn ich weiß, wie intuitiv das wirkt. Man muss aber wohl auch sagen, dass
Kants Konzeption vor einem Willkürstaat schützt, der außerhalb der Gesetze
arbeitet, während Platon etwas offen damit umgeht, wie mit den Straftäter:innen
denn nun zu verfahren ist.
Felineu hat auch einen Kommentar dagelassen und gemeint, dass der
Gesellschaftsvertrag hätte berücksichtigt werden können, in dem die Bürger die
Strafgewalt dem Staat überlassen. Das ist zwar auch wahr, aber passt nicht
direkt zur Frage. Denn egal von wem, geht es hier darum, wieso man
bestraft. Vergeltung und Prävention gehen immer. Das kann vom Individuum, aber auch
von einem Justizsystem ausgehen, in unserem Fall ist das aber natürlich der
Staat.
#25 Der Buddhismus: Fernöstliche Philosophie
In einer anderen Folge
habe ich euch vom Buddhismus erzählt. Besonders ging es um die Hauptlehre, die
sich darum dreht, das Ich auf der Welt loszulassen und ins Nirwana zu gehen. In
der Folge habe ich gesagt, dass diese Doktrin den Buddhismus zu einer relativ
friedfertigen Religion macht. Es scheint von den Anhängern eher verlangt zu
sein, sich auf sich selbst zu konzentrieren und Frieden zu finden.
Dazu hat Georg eingeworfen, dass der Buddhismus nicht so friedfertig ist, wie
er wirkt. In den Geheimbüchern wäre die Rede von einem blutigen Kampf am Ende
der Zeit zwischen allen Buddhist:innen und dem Rest der Welt. Ich muss ehrlich
zugeben, dass ich auch nach einer längeren Recherche nichts zu diesen
Geheimbüchern gefunden habe. Wenn du willst, kannst du mir ja noch einmal etwas
dazu kommentieren oder auf Instagram oder Mail schreiben. Aber natürlich lässt
sich nicht leugnen, dass auch von Buddhist:innen im Laufe der Geschichte
schreckliche Taten begangen und Kriege geführt wurden, wie von Menschen aller
Glaubensrichtungen. So wird auch im Christentum Nächstenliebe gepredigt, was
aber in der Geschichte nicht immer zu sehen ist. Es ist immer wichtig, die
Religion von ihren Anhängern zu unterscheiden. Vielleicht gehört deshalb zu
Buddhas Lehren auch tatsächlich mehr, als ich gefunden habe. Dennoch würde ich
nicht von der Meinung abrücken, dass der Buddhismus in seinem Kern eine
friedfertige Religion ist, die weniger auf Verbreitung aus ist als seine
theistischen Nachbarn. Also, Religionen wie das Christentum oder der Islam.
Aber klar lässt sich jede Religion so auslegen, dass sie Gewalt legitimiert und
Buddhist:innen sind nicht automatisch die besseren Menschen. Danke jedenfalls für
den Kommentar!
#27 Gibt es gerechte
Kriege?
Kommen wir zur 27. Folge:
„Gibt es gerechte Kriege?“ Hier stehen vor allem zwei Theoretiker im
Mittelpunkt, Carl von Clausewitz und Michael Walzer. Von Clausewitz sagt, dass
ein Krieg immer eine unaufhaltsame Spirale der Gewalt ist, die niemand jemals
lostreten sollte. Einmal begonnen, hört es nämlich nie wirklich wieder auf, da
beide Seiten immer wieder aufeinander einwirken. Wirklich gerecht ist da gar
nichts. Walzer meint dagegen, dass es auch gerechte Kriege geben kann. Man muss
sich ja auch verteidigen dürfen! Und unnötiges Leid an Völkern durch ihre
Herrscher muss auch beendet werden können. Die Abstimmung ist aber eher auf
Seiten von Clausewitz.
Auch hier habe ich einen interessanten Kommentar von Felineu. Er sagt, dass
Clausewitz die realistischere Sicht auf den Krieg zu haben scheint, während
Walzer eher ein Idealbild verfolgt. An diesem Kommentar ist echt viel Wahres
dran. Es ist bei Kriegen nicht immer, eigentlich fast nie, genau ersichtlich,
wer sich jetzt verteidigt und wer angreift. Auch die Definition eines
tyrannischen Staates und wann man wie eingreifen darf, ist sehr schwammig. Es
gibt eindeutige Beispiele wie den 2. Weltkrieg, keine Frage. Jedoch existieren
viele Kriege schon so lange in der ein oder anderen Form, dass keiner mehr
weiß, wie sie genau losgebrochen sind und warum. Meistens geht es eben doch nur
um wirtschaftliche Interessen und keine Seite ist besser als die andere. Es
kann gerechte Kriege geben, das ist wahr. Aber so oder so gilt wahrscheinlich
in den allermeisten Fällen, was von Clausewitz sagt: Man tut am besten daran,
gar nicht erst einen zu beginnen.
#35 Ist eine Welt ohne
Menschen eine bessere Welt?
Nächste Folge: Ist eine
Welt ohne Menschen eine bessere Welt? Das war auch eine Frage, die euch
offenbar sehr interessiert hat. Ich habe in relativ kurzer Zeit sehr viele
Abstimmungen, Kommentare und Klicks bekommen. Ist aber wahrscheinlich auch sehr
zeitgemäß im Hinblick auf die Klimakrise. Hier ging es eben darum, ob die Welt
ohne den Menschen besser dran wäre, weil er ihr sehr viel Schaden zufügt. Im Vordergrund
der Diskussion ist wohl die Position des Philosophen Günther Anders. Er sagt,
dass der Mensch gar kein Teil der Erde, sondern eher wie eine Art Virus ist. Er
ist nicht wie die Tiere an die Welt angepasst, sondern manipuliert sie, um sie
an sich selbst anzupassen. Er hebt sich mit seinem Intellekt überdeutlich von
den Tieren ab: So sehr, dass er schon gar nicht mehr dazugehört.
Die Abstimmung geht jedoch dagegen: Ihr habt gesagt, dass der Mensch der Erde
zwar schadet, aber fest zu ihr gehört. Dazu passen auch diese zwei Kommentare:
Airo sagt, dass der Mensch sich einfach nur von der Natur entfernt hat und sich
deshalb nicht als Tier sieht. Deshalb auch diese Theorien. Doch wir sind Tiere,
wie alle anderen. Hearer fragt direkter, was uns denn eigentlich von den Tieren
unterscheidet. Wir ähneln in der Gehirnstruktur zum Beispiel sehr stark den
Affen. Ich habe deswegen eine Folge zur Sprache gemacht, in der dieser
Hauptunterschied noch einmal deutlicher herauskommt. Menschen haben mit der
Sprache einfach ein deutlich weiter entwickeltes Denken und damit nicht nur ein
graduell, sondern ein essenziell anderes Leben als Tiere. Der Unterschied ist
so groß, wie er sonst auf der Erde nicht existiert. Aber der Konsens scheint
dennoch zu sein, dass der Mensch nichts weiter ist als ein weiter entwickeltes
Tier, das zur Erde gehört. Und das verstehe ich, denn biologisch sind wir das
auch! Anders hebt natürlich stark hervor, wie sehr wir uns von den Tieren
unterscheiden und das tun wir auch. Wenn das hier ein Film wäre, wären wir
wahrscheinlich wirklich irgendein Virus aus dem All. Aber das sind wir ja
nicht. Die intuitive Sicht ist, dass wir zur Erde gehören. Das Wichtige ist
außerdem, dass ein Konsens darin zu bestehen scheint, dass wir diese Heimat
besser behandeln müssen.
#37 Wer war Nietzsche?
So Leute, zwei Folgen
noch, dann machen wir Feierabend für heute. Zur Nietzschefolge, der 37., gab es
einen Kommentar, der mich sehr geärgert hat, weil ich offenbar einfach falsch
recherchiert habe. Und das tut mir sehr leid, ich versuche es in der Zukunft
auf jeden Fall zu vermeiden. Klar bin ich erst Student, aber ich habe hier
natürlich den Anspruch, dass so etwas nicht passiert. Immerhin geht es hier
nicht um einen philosophischen Fakt. Georg hat unter der Folge nämlich bemerkt,
dass Nietzsche gar keine Geschlechtskrankheit wie Syphilis hatte. Nach neuerer
Forschung hat er eine mitochondriale Dysfunktion von seiner Mutter geerbt, die
zur Demenz geführt hat. Also, wie gesagt, das ist mir leider komplett durch die
Lappen gegangen. Dass Nietzsche Syphilis hatte, ist etwas, das lange angenommen
und erst spät hinterfragt wurde. Denn er hatte ja tatsächlich starke
gesundheitliche Probleme und ist relativ früh gestorben. Damals wurden viele
Leute mit Syphilis diagnostiziert, weil sie stark verbreitet war und als die
ultimative Krankheit galt. Dementsprechend kam lange niemand auf die Idee, hier
genauer nachzuschauen. Auch macht das auf einer rein historischen und
philosophischen Ebene nicht viel Unterschied, was Nietzsche jetzt genau hatte:
Sein Leben war natürlich nach wie vor tragisch. Aber hätte der Philosoph damals
tatsächlich die Syphilis gehabt, wäre er viel früher gestorben: Immerhin hat er
noch 20 Jahre nach seiner Arbeitsunfähigkeit weitergelebt. Und damit ist auch
das Gerücht unwahr, er hätte sich in einem Bordell mit dieser
Geschlechtskrankheit angesteckt. Danke jedenfalls für diesen Kommentar, ich
hätte sonst auch selbst nicht noch einmal nachgeschaut!
#40 Dark: Was ist Zeit?
So, und damit kommen wir
zur letzten Folge über die Zeit. Dazu wollte ich unbedingt noch etwas sagen. Im
Mittelpunkt steht hier die Theorie des Philosophen McTaggart, dass Zeit nur
eine Illusion sei. Das Hauptargument geht folgendermaßen: Es gibt keine
objektive Gegenwart, weil sie aus jeder Perspektive an einem anderen Ort sein
müsste, ebenso wie die Vergangenheit und Zukunft. Ich sitze jetzt gerade an
meinem Schreibtisch und schreibe dieses Skript. Dieser Moment kann nicht
objektiv in der Gegenwart liegen, weil er für Sokrates in der Zukunft und für
meine Enkel in der Vergangenheit ist. Wenn man von ganz oben auf die Zeitpunkte
schauen könnte, wäre es unmöglich, einen davon als gegenwärtig herauszupicken.
Besonders weil dieser sich auch noch immer verändern soll. Unsere ganze
Zeitkonzeption soll also falsch sein und nur auf subjektiver Ebene existieren.
Diese Illusion brauchen wir aber wiederum, um unser Leben zu strukturieren und
nehmen sie deshalb instinktiv als objektiv an. Was sie aber eben nicht sein
kann.
Dazu kommentiert Felineu: Es gibt 3 Antworten auf die Zeitenfrage: Nach
Heraklit und Newton fließt sie objektiv, nach Einstein ist sie relativ zu Masse
und Geschwindigkeit und nach Adrian subjektiv. Nun, ich fühle mich geehrt, aber
natürlich ist das nicht meine Theorie. Ich habe mich vielleicht von
McTaggart auch etwas zu sehr hinreißen lassen und keine wirklichen Alternativen
präsentiert. Aber davon gibt es welche, deshalb möchte ich jetzt kurz darüber
reden. Man kann die Auffassung einer objektiven Gegenwart und eines Zeitenflusses
nämlich durchaus kritisieren, ohne die Zeit aufzugeben. Ihr müsst wissen, der
Text von McTaggart kam zu Anfang des 20. Jahrhunderts heraus und seitdem wurde
stetig versucht, für die Zeit zu argumentieren und dem Paradoxon zu entgehen.
Denn hier gilt wieder das, was ich zu Anfang der Folge gesagt habe: Die
objektive Zeit ist ein intuitives Konzept und Philosoph:innen wollen davon
ausgehen! Auch ihr in der Abstimmung wollt das mehrheitlich. Und das ist auch
möglich. Eine vergleichbare Theorie zu McTaggarts Zeitenillusion bildet die
Blocktheorie der Zeit, die zum Beispiel von dem Philosophen Hilary Putnam
vertreten wird. Diese Theorie arbeitet mit einem Reduktionismus in Bezug auf
A-Theorien und dem Eternalismus. Eine kleine Erklärung dazu. A-Theorien sind
solche, die von einer objektiven Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft ausgehen.
Das sind folglich die A-Begriffe „vergangen“, „gegenwärtig“, „zukünftig“, die
McTaggart auch ablehnt. Und auch Reduktionist:innen wie Putnam sagen, dass sie
sich auf die B-Begriffe reduzieren lassen: „Früher als“, „Später als“ und
„gegenwärtig“. Der Unterschied ist, dass die B-Begriffe immer subjektiv und
nicht objektiv sind. Von mir aus gesehen ist Sokrates‘ Tod früher und meine
Enkel später. Sie sind aber nicht in der Vergangenheit oder Zukunft. Nur die
Reihenfolge ist fest. Nach dem Eternalismus sind Dinge in der wahrgenommenen
Vergangenheit oder Zukunft ebenso real wie in unserem Jetzt. Es ist also
dieselbe Auffassung wie McTaggart: Alle Geschehnisse sind vom Universum schon
ausgelegt in diesem riesigen Zeitenblock. Darin sind alle Zeiten gleich und es
gibt keinen dynamischen Zeitenfluss. Auch ist alles gleich real. Aber trotzdem
gibt es die Zeit: Das ist eben, wie sie funktioniert. Auch hier lässt sich
natürlich streiten und es gibt Anti-Reduktionist:innen, Präsentist:innen, dynamische
Zeitauffassung oder auch die sogenannte „Growing Block“-Theorie.
Der Punkt ist aber, dass sich an McTaggarts Kritik festhalten lässt, ohne die
Zeit aufzugeben und das hätte ich vielleicht deutlicher machen müssen. Trotzdem
kann man natürlich auch glaubhaft für eine rein subjektive Zeit argumentieren.
Im Übrigen hat das mit physikalischen Theorien wie von Einstein und Newton nur
bedingt etwas zu tun. Sie erklären natürlich, wie die Zeit sich im Raum verhält
und physikalische Regeln. In der Metaphysik geht es aber um eine etwas
fundamentalere Erklärung der Zeit. Auch wenn sie nur subjektiv sein sollte,
könnte sie auf dieser Ebene noch immer relativ oder absolut sein. Zumindest so
ganz pauschal gesagt, natürlich gibt es gegenseitige Einwirkungen von der
Physik auf die Philosophie und umgekehrt.
Outro
So und das war es mit
meiner kleinen Antwortrunde auf eure Kommentare! Ich hoffe, es hat euch gefallen.
Tatsächlich habe ich wieder einmal ziemlich viele neue Dinge gelernt, deshalb
ermutige ich euch auch immer, etwas zu kommentieren oder abzustimmen. Es hilft
mir sehr weiter! Vielen Dank, dass ihr weiterhin an diesem einjährigen Projekt
dabei seid und dem ein bisschen Leben einhaucht. Bedeutet mir sehr viel!
Lasst gern einen Kommentar da, was ihr denkt! Wenn ihr übrigens gerne die Blogbeiträge in Audioform hören, mich erreichen oder mir vielleicht sogar eine kleine Spende dalassen wollt, findet ihr alle Links dazu in meinem Linktree.
Ok, dann macht es gut und
einen schönen Tag noch!
Quellen
„Eine Untersuchung über
den menschlichen Verstand“ – David Hume
„De Officiis“ – Marcus Tullius
Cicero
„Die fröhliche Wissenschaft“
– Friedrich Wilhelm Nietzsche
„Ich bin Dynamit!“ – Sue Prideaux
„Time and Physical Geometray“
– Hilary Putnam
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