#26 Warum glaubt man an Gott?
Zusammenfassung
Erinnert ihr euch noch an meine Folge dazu, ob es Gott gibt? Damals konnte ich euch keine wirklich klare Antwort geben. Gott ist eben nicht so ohne Weiteres beweisbar oder auch widerlegbar. Trotz der Gottesbeweise bleibt uns sein Wesen verschlossen. Aber vielleicht kommt es auch nicht so sehr darauf an. Denn die Leute, die an ihn glauben, erheben auch nicht diesen Anspruch. Deshalb glauben sie ja. Aber warum genau tun sie das? In einer Welt, in der wir danach trachten, alles beweisen und wissen zu können, wozu hat man dann noch Religionen? Der Philosoph Friedrich Nietzsche sagt, dass der Glaube heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß ist und uns einschränkt. Auf der anderen Seite ist aber Hegel der Meinung, dass ein Glaube einfach nur eine Art der Wahrheitsfindung ist: Und das wird nie alt werden. Wo genau packen wir unseren Glauben also hin? Gibt es einen guten Grund, an Gott zu glauben? Hallo zusammen und herzlich willkommen zurück zu einer weiteren Folge von „Philosophie für zwischendurch“!
Einleitung
Die heutige Folge soll
ein bisschen an die Gottesfolge anschließen. Die Frage „Gibt es Gott?“ ist
natürlich sehr wichtig, aber wichtiger ist eigentlich eine andere. Wisst ihr,
wir leben in einem Zeitalter, in dem wir nicht mehr alles glauben? Man glaubt
nicht mehr an böse Geister, Dämonen und andere solche Wesen. Der große
Fortschritt der Wissenschaften hat unsere Welt sehr stark erhellt. Und da ist
es natürlich verständlich, dass der Glaube an Gott ebenfalls bröckelt. Nun gibt
es natürlich immer noch unzählige gläubige Menschen. Aber auch sie glauben
nicht mehr, dass da ein alter Mann mit langem Bart über ihnen sitzt, sondern es
ist komplexer. Viele Aussprüche der Bibel wären eher symbolisch und Gott nicht
so einfach greifbar. Und so ist die Frage „Gibt es Gott“ eigentlich gar nicht
so wichtig wie die Frage dieser
Folge: „Wozu glaubt man an Gott?“ Denn es ist ja noch immer ein Glaube und kein
Wissen. Deshalb kann man die direkte Frage nach der Existenz wohl nicht als
alleiniges Urteil über Religionen nehmen. Ich möchte mir heute also mit
euch anschauen, wozu es gut sein soll, an Gott zu glauben. In einer Welt, in
der wir durch die Wissenschaften so viele Erklärungen über die Welt bekommen
haben, wieso hält man daran fest?
Annäherung
Was einem direkt einfällt, ist die Hoffnung.
Viele Menschen erhoffen sich nach ihrem Tod ein besseres Leben, eine
Erlösung. Und da kann es tröstend sein, an Entitäten wie Gott zu glauben,
die das ermöglichen. Und bei aller Wissenschaft kann man ihn nicht widerlegen.
Gott gibt einem das Gefühl, dass da jemand über einen wacht und aufpasst. Der einen
Plan mit einem hat, selbst in schlechten Zeiten. Und vor allem soll uns Gott
einen Sinn geben. Die Menschheit kommt schon seit Anbeginn nicht mit der
Frage zurecht, wo der Sinn des Lebens liegen soll. Dazu habe ich übrigens eine
Folge gemacht, die ihr gern hören könnt. Aber dadurch, dass wir auf der Welt
einfach nichts finden, das unsere Existenz rechtfertigt, verweisen wir auf
Gott. Ein Wesen, das uns gezielt erschaffen hat. Außerdem ist der Glaube auch
ein Motivator. Egal, in welche heilige Schrift man schaut, überall finden sich
moralische Richtlinien und Verhaltensweisen. Und nicht nur soll es der Wille
Gottes sein, ein guter Mensch zu sein, sondern er erlöst einen auch nur dann,
wenn man es ist. Je nach Glauben zumindest. Und das ist ein starker Motivator,
nicht wahr? Unser Antrieb, auf der Erde unser Bestes zu geben.
Aber, könnte man sich jetzt als Atheist:in fragen: Ist das nicht auch ohne Gott möglich? Und ja, ist es! Man
kann sich gut selbst einen Sinn geben. Man muss seine moralischen Werte nicht
aus der Bibel ziehen. Man kann auch selbst nachdenken, was richtig ist. Das tun
Philosophen ständig. Und wenn man darauf keine Lust hat, gibt es zumindest das
Gesetz. Und Hoffnung ist auch von vielen Quellen beziehbar. Man kann sich auch darauf
verlassen, dass Freunde auf der Erde oder man selbst sich aus allem
herauszieht. Dass man alle schweren Zeiten schon
besteht, weil man stark ist. Man kann die Position vertreten, dass man
zwar keinen Schöpfer hat, aber trotzdem einen Sinn im Leben sieht. Dass man
niemanden braucht und will, der einen Plan über einen selbst hat. Der Glaube an
Gott also ist keinesfalls notwendig, aber kann helfen.
Vielleicht ist es auch
eine Stärke des Glaubens an Gott, dass er nicht beweisbar ist. Denn er ist auch
nicht negierbar. Und damit kann er in unserer Vorstellung alles sein. Wir
haben die Möglichkeit, ihm alle diese schönen Attribute des Weisen, Gütigen und
Starken zu geben. Und das gibt uns etwas, wonach wir streben können. Ein kurzes
Gedankenspiel: Stellt euch vor, Gott wäre beweisbar. Und viele Menschen
wollen das, nicht wahr? Entweder ist ihr Glaube nicht stark genug oder der
ihrer Mitmenschen. Und sie wollen, dass die Erde ein friedlicherer Ort wird. Was
wäre da passender als das mächtigste Wesen der Welt selbst, das für Ruhe
sorgt? Doch was ist, wenn Gott gar nicht gut ist? Stellt euch vor, er ist
eine böse Macht, die uns nur zum eigenen Amüsement geschaffen hat. Stellt
euch vor, Gottes Wille und unser Sinn des Lebens wäre es, uns gegenseitig
umzubringen, um ihm eine gute Show zu liefern. Ich meine, wenn man sich die
Erde so anschaut, gibt es da viel zum Gucken. Was würden wir dann tun?
folgen? Aber es wäre doch falsch! Nur weil jemand uns geschaffen hat, müssen
wir nicht tun, was er sagt! Das gilt ja zum Beispiel auch für Eltern!
Vielleicht ist es da tatsächlich besser, Gott der Spekulation zu überlassen.
Und dann kommt es eben auf den Menschen an. Niemand kann leugnen, dass nicht
schon furchtbare Sachen im Namen der Religion angestellt wurden. Aber das ist
nicht die Schuld Gottes. Es wurden auch wunderbare Sachen getan. Das ist unser Werk. Und auch ein Atheist
kann schlecht sein. Wir sehen also, dass der Glaube ein Mittel ist, uns
Hoffnung, einen Sinn, Motivation und Regeln zu geben. Nicht jeder braucht oder
will es, aber Religionen sind schon noch immer sehr gewöhnlich. Doch
überall gilt: Gott oder das Bild von Gott kann nur so gut sein wie der oder die
Gläubige.
Gott als Weg zur Wahrheit
Na gut, hören wir uns
mal die Meinung eines echten
Philosophen an. Zu genau diesem Thema hat nämlich der Philosoph Georg Friedrich
Hegel Vorlesungen gehalten. Sie wurden zusammengefasst von Michael Kühnlein und
Henning Ottmann unter dem Titel „Religionsphilosophie nach Hegel“. Denn schon er
hat sich dem Problem mit der Gottesfrage und den Naturwissenschaften
gegenübergesehen. Und dabei hat er schon in der letzten Hälfte des 18. und
ersten des 19. Jahrhunderts gelebt! Er sagt, dass durch die fortschreitenden
Naturwissenschaften die Religion tatsächlich droht, verdrängt zu werden. Vor
allem sieht er dabei ein starkes Gefälle zur Philosophie. Religion wäre nur auf
Spekulation und Vorstellung aufgebaut. Während die Philosophie tatsächlich
wissenschaftlich an die Wahrheit herangeht. Doch für Hegel fällt die
Philosophie mit der Theologie zusammen! Es ist ein bisschen wie beim
Buddhismus, nicht wahr? Auch eine Religion und Philosophie. Hört natürlich auch
da gern meine Folge. Für die Philosophen sind Gottesdienste nichts
anderes als ein philosophischer Austausch und umgekehrt. Die Beiden haben sogar
gemeinsame Ursprünge! Wenn man vom Christentum ausgeht, kommt die Vorstellung
der unsterblichen Seele aus der griechischen Philosophie. Aber reicht das aus,
um zu sagen, sie wären quasi gleich? Wieso ist Hegel überhaupt dieser Meinung?
Er sagt, Religion und
Philosophie hätten eigentlich denselben Inhalt, nur die Form wäre anders.
Während nämlich die Philosophie mit rationaler Logik ihren Weg zur Wahrheit
findet, tut das die Religion über Vorstellung. Doch es kommen beide am Ziel
an! Es ist ein bisschen, wie wenn man bei einer Matheaufgabe einen
anderen Lösungsweg nimmt, aber dasselbe Ergebnis hat. So werden in
Religionen philosophische Gedanken oft bildhaft dargestellt. Ich nehme hier
wieder die Bibel als Beispiel, weil ich die anderen heiligen Schriften leider
nicht wirklich kenne. Wobei ihr mich auch bei ihr gern verbessern dürft.
Hier sagt aber Jesus im neuen Testament zum Beispiel: „Liebe deinen Nächsten
wie dich selbst.“ Ein recht bekannter Ausspruch. Und er heißt einfach, dass
man, so wie man es bei sich selbst tut, alle Menschen gleichsam gut behandeln
soll. Naja, sehr verkürzt zumindest. Und das lernen wir auch bei Kant,
oder? In seiner „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ heißt es auch, jeder
Mensch müsse gleichbehandelt werden. Oder gehen wir zur Geschichte des
Paradieses. Zusammengefasst heißt es in der Bibel, die ersten Menschen auf der
Erde seien ein Mann namens Adam und eine Frau namens Eva gewesen. Aber sie
haben nicht auf der Erde gelebt, wie wir sie kennen, sondern in einem ewigen
und idyllischen Garten. Mit Tieren, Pflanzen, Früchten und einfach allem, was
man sich wünschen konnte. Das Paradies. Auch waren die Beiden nicht
selbstreflektiert und in dem Sinne menschlich wie wir, sondern sorglos und
friedlich. Man könnte sagen, Adam und Eva waren wie die Tiere, die von
einem in den anderen Tag lebten, sich wegen nichts schämten und auch nichts
hinterfragten. So hätte es ewig weitergehen können, doch es gab einen einzigen
Baum im Paradies, von dem sie nicht essen durften. Gott kam zu ihnen und sagte:
„Ihr dürft von allen Bäumen hier essen, nur nicht von dem einen. Das ist
der Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Naja, und wie wir unsere
lieben Menschen kennen, taten sie es trotzdem. Adam und Eva gingen hin,
und eine Schlange überredete erst sie und dann ihren Mann, von den Früchten
dieses Baumes zu essen. Und sofort setzte bei ihnen die Scham ein und sie
bedeckten sich. Sie sahen die Welt wie sie war und ihr menschliches Denken setzte
ein, wie wir es heute kennen. In der Bibel hat Gott sie aus dem Paradies
geworfen, aber in einem gewissen Sinne haben sie es selbst geschafft. Indem sie
das Gute und Böse erkannt haben, konnten sie nicht mehr so sorglos und
unbekümmert leben. Deshalb leben seit ihnen alle Menschen auf der Erde,
leiden und arbeiten, um eines Tages wieder in das Paradies zu dürfen. Und diese
Geschichte fängt das Sein des Menschen sehr gut ein, oder? Wir sind gut, aber
auch schlecht. Wir haben unser Dasein, aber es ist mit Glück wie Leid versehen.
Und das kennen wir von vielen Philosophen, oder? Platon sagt zum Beispiel
in seinem „Staat", dass der ideale Mensch niemandem schadet und der Idee
des absolut Guten hinterherstrebt. Aber natürlich ist diese Idee in ihrer
Gänze nie erreichbar. Der Mensch ist eben auch schlecht. Und auch zum Leid des
Daseins finden sich viele Philosophen. Man kann Gott als Symbol für das absolut
Gute und Weise sehen. Zwei Güter, die auch Platon hervorhebt. Und genau wie man
Gott nicht beweisen kann, kann man auch nicht die Existenz des Perfekten
belegen. Denn es gibt niemanden auf der Erde, der oder die perfekt ist.
Aber gut, man könnte
jetzt einwenden, dass das in der Bibel einfach nur Geschichten sind, die von
der Philosophie abgeleitet wurden. Wie sonst würden die Leute auf diese
Erkenntnisse kommen? Man kann sich die Wahrheit ja nicht einfach
vorstellen! Doch im Grunde sagt Hegel genau das. Der Mensch hat einen
natürlichen Drang nach der Wahrheit. Quasi ein natürlicher Instinkt, sie zu erkennen.
Schauen wir uns noch einmal Platon an. Dass er sagt, dass ein guter Mensch
niemandem schadet, überrascht niemanden, oder? Wir wissen schon, dass es
nicht gut sein kann, Menschen zu töten. Die Philosophie funktioniert nicht auf
diese Weise. Dazu habe ich auch
eine Folge, namens „Wozu brauchen wir die Philosophie". Aber im
Grunde findet die Philosophie nicht so sehr die Wahrheit heraus, wie sie
vielmehr unsere Gedanken ordnet. Warum sollen wir niemandem schaden und wie genau sind wir gut? Dass
Jesus also sagt „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", hat sicher keine
Philosophie erfordert. Für Hegel ist eine Religion eine bestimmte Art zu
denken. Genau wie man sagt, jemand hätte eine gewisse Lebensphilosophie, könnte
man sagen, jemand hätte eine Lebensreligion.
Wir haben nämlich auf der ganzen Erde unsere eigenen Wahrheiten und Arten zu
denken. Und ob wir diese jetzt philosophisch analysieren oder theologisch in
Bilder packen, ist nicht so wichtig. Es gibt ja so viele verschiedene
Religionen und Philosophien auf der Welt! Und das ist nicht, weil einige
Leute recht haben und andere nicht. Es ist wie in meiner letzten
Folge: Buddha sagt, man muss sich vom Dasein lösen, weil man darunter
leidet. Sokrates sagt, dass man gerade deshalb
dieses Leben auf der Erde verbessern muss. Wer hat Recht? Schwierig, oder?
Abgrenzung der Philosophie
Ok, offenbar ist
Religion dann also nicht so sehr von der Philosophie verschieden. Aber während
ich über den Nutzen der Philosophie schon eine Folge gemacht habe, kann man die
Frage zur Religion noch stellen. Wenn wir also auch den sicheren, analytischen
Weg zur Wahrheit wählen können, wozu haben wir dann Religionen? Ist es nicht
besser, wirklich alle Erkenntnisse restlos zu belegen? Natürlich haben wir
unseren Drang zur Wahrheit, aber was genau rechtfertigt Religionen?
Nun, während Hegel auf
der einen Seite die Gemeinsamkeiten zwischen den Wissenschaften aufzeigt, macht
er auch auf wichtige Unterschiede aufmerksam. Zum Beispiel, was die Ziele der
beiden Seiten angeht. Während die Philosophie als Wissenschaft einfach
nur Wissen anhäufen soll, arbeitet die Religion auf die Erlösung hin. Das
aktuelle Leben soll verbessert werden, oder das danach. Das sieht man
auch institutionell. Die Kirche war auch damals schon sehr daran interessiert,
Menschen zu helfen, zu spenden und aufzunehmen. Die philosophischen Fakultäten
dagegen eher nicht. Das sind Einrichtungen des Lernens und Lehrens. Aber
das ist nur ein Nebengrund. Auch Philosophie kann zielgerichtet sein.
Nein, was Hegel vor allem sagt, ist, dass nicht alle Menschen die Wahrheit
komplett analysieren können
oder wollen. In einer
Religion bekommt man die Wahrheit zur Bewunderung präsentiert, in der
Philosophie muss man sie selbst erkennen. Und das erfordert einfach mehr
Mühe. Zu der Zeit war die Philosophie, wie alle Wissenschaften, nur etwas
für Wenige. Und selbst wenn wir uns die modernen Tage anschauen, kann und will
nicht jeder Mensch philosophieren. Aber das kann nicht Anlass sein, den Leuten
die Wahrheit zu verwehren. Deshalb ist die Religion eine Hilfe, indem sie mit
anschaulichen Bildern darstellt, was die Philosophie sonst durch Analyse
herausfindet. Im Grunde haben beide Wissenschaften nach Hegel auch ihre Mängel:
Die Philosophie hinterfragt manchmal so viel, dass sie ihr eigenes Wissen
untergräbt. Wir sehen das bei Philosophen wie Descartes, nach denen wir nur
sicher wissen, dass wir existieren. Damit ist ja alles andere, was Philosophen
und Philosophinnen herausgefunden haben, Unfug oder Glaubenssache. Nun und auf
der anderen Seite könnte man sagen, die Religionen hinterfragen sich selbst und
ihre Schriften manchmal nicht genug. Aber beide haben eine Berechtigung und
sind legitime Wege der Wahrheitsfindung.
Ok, was lernen wir von
Hegel? Wozu brauchen wir Religion? Für ihn ist eine Religion genauso notwendig
wie eine Philosophie. Und damit hat sie dieselbe Berechtigung: Die Suche
nach der Wahrheit. Denn ob man philosophisch analytisch oder religiös bildhaft
vorgeht, macht wenig Unterschied: Wir Menschen haben einen natürlichen Drang
zur Wahrheit. Niemand wird daran zweifeln, dass es richtig ist, andere Menschen
gut zu behandeln. Es lassen sich daher philosophische Ansätze in heiligen
Schriften wie der Bibel finden. Nur bietet die Religion eben einen einfacheren
Weg zur Wahrheit. Nicht alle Menschen wollen philosophische Bücher lesen. Denkt
euch, wie viel einfacher die Geschichte des Paradieses ist, um das Wesen des
Menschen zu verstehen. Jean-Paul Sartre zu lesen war dagegen ziemlich schwer,
als ich es zum ersten Mal getan habe. Auch meint Hegel, die Wissenschaften
würden sich gut ergänzen: Während die Philosophie manchmal Gefahr läuft, zu
viel zu hinterfragen, tun das Religionen manchmal zu wenig. Also müssen sie
sich aufeinander stützen, um einen möglichst akkuraten Weg zur Wahrheit zu
finden. Und es gibt auch einen Wert der Religion außerhalb der
Wissensgenerierung: Hilfe und Hoffnung. Es ist nach Hegel also definitiv
berechtigt, an Gott zu glauben.
Doch man kann die
Philosophen auch durchaus kritisieren. Es wirkt wenig intuitiv, Religion und
Philosophie so leichtfertig zu vermischen. Der Drang zur Wahrheit des Menschen
ist etwas, auf das man sich sicher nicht immer verlassen kann. Die Philosophie
scheint da eine weit sicherere Weise zu sein, zu Wissen zu gelangen. Auch wenn
man natürlich zugeben muss, dass auch diese manipulierbar ist. So haben auch
schon die Griechen oft Barbaren oder einfach Leute aus anderen Ländern aus
ihrer Moralphilosophie ausgeschlossen. Sie sagen zwar, man soll gut zu Menschen
sein. Aber wenn man einer Gruppe diesen Status abspricht, fällt sie trotzdem
nicht darunter. Wir haben zwar alle unsere Denkweisen und Religionen, aber es
muss einfach einige universelle Wahrheiten geben, die für die ganze Welt
richtig sind. Und dann liegen einige Religionen und Philosophen falsch und
andere richtig. Wie zum Beispiel beim Grundsatz, niemandem zu schaden. Und dann
reicht eine Religion vielleicht nicht aus, um uns das beizubringen. Deshalb sagt
Hegel wahrscheinlich auch ganz richtig, dass die Wissenschaften sich ergänzen
müssen.
Gott ist tot
So wie Hegel denken
aber auch nicht alle. Besonders ein
Philosoph aus dem 19. Jahrhundert hat es auf Gott abgesehen: Friedrich
Nietzsche. In seinem Werk „Die fröhliche Wissenschaft" sagt er den
Satz „Gott ist tot". Und deshalb können uns Religionen weder Sinn
noch Hoffnung geben. Wie meint er das? Nietzsche sagt, dass die
Naturwissenschaften Gott verdrängt haben. Wir haben in den letzten Jahrhunderten
so viele Rätsel der Welt aufgedeckt, dass wir uns den Glauben selbst
kaputtgemacht haben. Wir selbst
haben Gott getötet. Denn heutzutage oder offenbar schon seit damals ist es
unplausibel geworden, an Gott zu glauben. Wisst ihr, früher war Gottes Existenz
keine Spekulation, sondern Fakt. Der wurde nicht einfach hinterfragt, es WAR
so. Nietzsche meint, dass der Trend der Hinterfragung Gottes schon bei
Kant startet, im 18. Jahrhundert. Dem Zeitalter der Aufklärung. Und jetzt gibt
es keinen Weg mehr zurück. Die Sicherheit an der Existenz Gottes wurde
nachhaltig erschüttert und kommt nicht wieder. Wie gesagt: Wir haben Gott
getötet. Und deshalb kann er uns nunmehr weder Sinn noch Hoffnung geben.
Vor allem Gott als unser großer Sinngeber. Das heißt: kein Sinn auf Erden und kein
Leben nach dem Tod. Und es gibt auch keine Berechtigung mehr für religiös
begründete moralische Richtlinien. Denken wir zum Beispiel an das muslimische
Verbot, Schwein zu essen, oder das des Christentums, bestimmte Dinge in der
entsprechenden Zeit zu fasten. Und es hört da nicht auf. Heiraten, bevor man
Kinder bekommt, und an dieser Ehe bis in die Ewigkeit festhalten. Das sind
biblische Werte und sicher auch in anderen Schriften. Und ohne Gott, was ist
noch der Wert davon? Wem nützen wir damit? Das ist Nietzsches Nihilismus:
Es gibt keine Moral, keinen Sinn und keinen objektiven Wert.
Aber der Philosoph
sieht das nicht als schlechte Sache. Er sagt nicht, dass ohne Gott alles
hoffnungslos ist. Im Gegenteil. Ohne ihn sind wir jetzt frei und können unser
Schicksal selbst in die Hand nehmen. Allein die oben genannten Werte werden
nicht mehr von allen verfolgt und sind nicht mehr in der Form im Gesetz. Je
nach Land natürlich. Nietzsche sagt, dass wir durch die Entgöttlichung zu dem
werden, was wir eigentlich sind: freien und selbstbestimmten Menschen. Es ist
eine natürlichere Existenz ohne künstliche Macht über einen. Nach Logik des
Philosophen haben wir Gott nämlich nicht nur getötet, sondern auch erschaffen.
Als verängstigte Menschen in einer rätselhaften und gefährlichen Welt haben wir
ihn damals gebraucht. Als Hoffnung, dass das Leben besser wird. Als
Anker, um uns zu motivieren, weiterzumachen. Als absolutes Gut, nach dem
wir streben können. Als Regelwerk, das wir befolgen können. Doch jetzt
sind wir herausgewachsen. Wir wissen selbst, was gut und schlecht ist. Wir
haben Freude und Motivation in unserem eigenen
Leben gefunden. Wir haben Regeln in die Welt gesetzt, weil wir wissen, was
funktioniert. Und dabei haben wir Gott immer weiter zur Seite geschoben. Bis
wir ihn eben nicht mehr brauchen.
Und jetzt, da es keinen
Gott mehr gibt, müssen wir quasi selbst einer werden. Wir müssen selbst
Sinn-, Moral- und Hoffnungsgeber werden. Diese neuen Götter sind nach Nietzsche
die sogenannten „Übermenschen“. Also wir dann. Aber erst, wenn wir wirklich
alle Bande zu Gott gekappt haben. Denn es ist allzu bequem, sagt der Philosoph,
auch jetzt noch simple Erklärungen für schwierige Probleme zu suchen. Doch es
ist albern, das noch immer zu tun. Es ist ein bisschen wie wenn man als
Erwachsener immer noch das Licht beim Einschlafen anhaben will, weil man Angst
vor dem Dunkeln hat. Natürlich will ich hier niemanden diskriminieren, der oder
die das tut. Aber ich will ja auch niemanden diskriminieren, der oder die
religiös ist. Seht ihr? Perfekte Analogie. Um zum Übermenschen zu werden,
müssen wir unseren eigenen Standard für Güte setzen, uns selbst Regeln geben
und nach einem eigenen Sinn suchen. Denn Nietzsche sagt auch, dass der Mensch
aus Scham Gott nicht
loslassen will. Es macht uns verletzlich, keinen objektiven Sinn zu haben. Wir
reden nicht gern über den Sinn des Lebens, weil wir ihn oft nicht genau kennen.
Aber Nietzsche macht uns Mut. Das Leben als Übermensch ist nicht sinnlos,
sondern frei. Wir dürfen uns endlich den Sinn geben, der uns gefällt. Und für
Nietzsche ist das eine bessere Aussicht als uns jede Religion geben kann.
Die entwertete Religion
Also, was lernen wir
von ihm? Der Philosoph ist der Meinung, dass Religionen uns weder Hoffnung noch
Sinn geben können. Nicht mehr. Es ergibt gar keinen Sinn mehr zu glauben. Durch
den Fortschritt der Wissenschaften wurde Gott als Erklärung der Welt immer
weiter verdrängt. Es ist unplausibel geworden, religiös zu sein.
Antworten auf die Fragen zum Sinn können wir uns nicht mehr von dort holen.
Gott gibt uns keine Hoffnung mehr, denn wir haben ihn getötet. Aber
Nietzsche ist der Meinung, dass das gute Neuigkeiten sind. Ohne Gott als
Herrscher sind wir selbst als Übermenschen die neuen Götter. Wir können
uns selbst einen Sinn geben, uns eigene moralische Regeln geben und nach den
neuen Werten leben. Wir holen uns quasi als selbstbestimmte Menschen das
zurück, was wir uns einst selbst genommen haben. Als wir unsere Natur
aufgegeben haben, um künstliche Antworten auf drängende Fragen zu finden. Deshalb
ist Nietzsche nicht für den Glauben an Gott, sondern an uns.
Und auch hier können wir natürlich einhaken.
Nietzsche vertritt eine sehr radikale Position gegenüber Hegel. Doch er scheint
den Wert von Religionen zu verkennen. Denn für viele Menschen ist es kein
Problem, an die Naturwissenschaften und Gott zu glauben. Für sie bietet er noch
immer Hoffnung und Sinn. Kann er also so tot sein? Wir machen schon die ganze
Menschheitsgeschichte wissenschaftliche Erkenntnisse, warum sollte gerade
jetzt, bzw. im 19. Jahrhundert der Moment gekommen sein, den Stand als
ausreichend anzusehen? Nietzsche wirkt, als würde
er mit den Übermenschen einfach eine neue Religion aufstellen, die definitiv
auch etwas für sich hat. Es ist gut, sich nicht von religiösen Werten
einschränken zu lassen, wenn man nicht will. Vielleicht ist für den ein oder
anderen diese Weltansicht tröstender. Aber für Millionen von anderen Menschen
eben nicht. Es ist eine Sache der Präferenz.
Nietzsches Bibel
So, bevor ich aber zur
Konklusion komme, möchte ich euch ein weiteres Werk von Friedrich Nietzsche
vorstellen. Es heißt „Also sprach Zarathustra“ und soll die Bibel ablösen. Es
ist quasi die heilige Schrift der Übermenschen nach Nietzsche. Sie hilft auch,
seine Philosophie etwas besser zu verstehen. Also, die Handlung ist
folgende: „Zarathustra“ ist ein 30 Jahre alter Mann, der eines Tages von
zuhause auszieht, ein Gebirge besteigt und dort in Frieden nachdenkt. Zehn
Jahre verbringt er dort ganz isoliert. Dann steigt er als erleuchteter Mann
wieder herab und will seine Erkenntnis unter die Leute bringen. Er beginnt in
einer nahen Stadt und predigt davon, dass Gott tot sei und die Menschen an der
Macht. Daher müssten sie zu Übermenschen, also zu Göttern auf Erden werden. Und
das heißt selbstbestimmt, selbstgesetzgebend und selbstsinngebend. Doch die
Menschen in der Stadt verstehen den Propheten nicht und vertreiben ihn.
Er muss gezielt
auf Leute zugehen und sich die Zeit nehmen, ihnen seine Lehre genau zu erklären.
Die breite Masse ist noch nicht bereit für die Offenbarung, nicht so direkt. Er
geht also zu einer anderen Stadt und beginnt, seine Lehre im kleineren Kreis zu
verbreiten. Der Prophet erzählt seinen Jüngern von der Umwandlung des
Menschen zum Übermenschen. Man fängt an als Kamel, schwer beladen mit
Vorschriften und Regeln. So sind die meisten Menschen, weil sie noch an Gott
festhalten. Sie sind bestimmt von einem ständigen „Du sollst“. Und diese
Mentalität soll man hinter sich lassen. Ohne Gott, der diese Regeln
aufrechterhält, wird man dann zum Löwen. Dieser Löwe will selbstbestimmt sein
und schüttelt alle Werte und Normen ab. „Ich will!“ ist das neue Motto, ein
sogenanntes „heiliges Nein“. Aber man ist dann noch kein Übermensch, sondern
sogar noch verletzlicher als davor. Denn der Löwe hat keine Richtung und keinen
Sinn im Leben. Er hat keine Normen und Werte. Deshalb braucht man den
dritten Schritt, um sich eine Basis zu schaffen. Es ist das Stadium des
unschuldigen Kindes. Man muss ganz von vorn anfangen, ohne Gott. Und dann legt
man sich ganz selbstbestimmt den eigenen Sinn und die moralischen Regeln
aus. Das ist das „heilige Ja“. „Das menschliche Leben ist nicht sinnlos“,
sagt er, „sondern der neue Lebenssinn ist das Leben selbst. Wir sind Gott.
Eines Tages kommt aber
dann ein Schüler zu ihm, der sehr traurig wirkt. Er gesteht ihm, dass er
neidisch auf die Propheten ist. Denn das ist nicht einfach. Doch es ist
ein Prozess, der sich lohnt, sagt der Prophet. Man muss dafür aber allein sein
und sich auf sich selbst konzentrieren. Wie er es selbst zehn Jahre getan
hat. Ein bisschen wie der Buddhismus wieder, nicht wahr? Aber man soll
auch nicht immer ganz allein sein. Man braucht einen Freund, der aber auch
gleichzeitig Feind sein soll. Jemand, der einem ähnlich ist, aber
konkurriert. Und an ihm kann man den eigenen Charakter messen und
verbessern. Liebe würde einen dagegen nur blind und stumpf machen. Das ist ein
interessanter Einwurf des Propheten, der aus dem Nichts zu kommen scheint. Doch
damit ist genug und Zarathustra verlässt die Stadt. Er weist seine Jünger aber
noch an, seine Lehre zu verbreiten. Sie sollen ihn darin aber auch verleumden.
Denn Zarathustra will nicht als Prophet einer weiteren Religion gelten.
Die Leute sollen nur sich selbst als Anhaltspunkt haben und nicht eingeschränkt
sein. Zarathustra zieht sich dann aber in sein Gebirge zurück, um die Lehre
sich verbreiten zu lassen.
Doch diese Zeit auf dem
Berg bekommt ihm nicht gut. Zarathustra hat einen Albtraum, in dem der Teufel
ihm sagt, er hätte seine alten Schüler mit der Lehre zum Übermenschen ruiniert.
Erschrocken eilt der Prophet wieder herunter, um ihnen zu helfen. Doch auf dem
Weg kommen ihm selbst Zweifel. Ist das Leben wirklich erfüllter ohne
Gott? Ist jetzt nicht eigentlich alles sinnlos? Hat er es wirklich in sich,
Gott zu sein? Schließlich trifft er seine Freunde, aber sie können ihm nicht
helfen. Auch sie haben an der Lehre
zu beißen. Viele Zweifel. Und als Zarathustra an der Stadt von damals
vorbeigeht, sieht er, dass viele Menschen sich wieder Gott zugewandt haben. Der
Prophet lacht bei diesem Anblick nur noch höhnisch und zieht sich abermals in
sein Gebirge zurück. Er fühlt sich missverstanden und will sich ausruhen. Doch
die Albträume plagen ihn weiterhin und zwingen ihn wieder herunter. Als
Zarathustra diesmal wiederkehrt, sieht er die Welt mit offeneren Augen.
Er sieht, dass die Menschen in ihrer Stärke und Selbstbestimmung auch
fehlerhaft sind. Er merkt, dass sie nicht wie der Gott sind, den sie
anbeten und nicht so einfach zu ihm werden können. Und zum ersten Mal scheint
er das zu akzeptieren. Er ist zufrieden mit den langsamen Schritten zum
Übermenschen, die sie tun und findet seinen Frieden damit.
Was für eine schöne
Geschichte, oder? Und sie lehrt uns noch ein bisschen mehr über dieses Konzept
des Übermenschen. Doch er ist noch immer der Meinung, dass das der
richtige Schritt ist. Und er sieht an allen Stellen, dass es so langsam
passiert. An seiner Grundeinstellung ändert sich nichts. Gott ist tot, und der
Übermensch muss seinen Platz einnehmen.
Endstand
So, ich denke, es ist
Zeit für eine Konklusion. Die Frage dieser Folge ist „Wozu glaubt man an
Gott?" Denn eigentlich ist es doch Zeitgeist, gar nichts mehr ohne
Beweis zu glauben! Spätestens seit dem Internet werden wir so sehr von
Informationen überflutet, dass solche Belege immer wichtiger werden. Es könnte
uns ja jeder alles erzählen. Und dennoch halten wir an diesem nicht-beweisbaren
Gott fest. Und wir haben uns überlegt, warum das sein kann. Grundsätzlich
scheint uns der Glaube Halt, Hoffnung und einen Sinn zu geben. Er
motiviert uns, gut zu sein und die Perfektion Gottes anzustreben. Und da ist es
vielleicht gut, wenn wir Gott nicht kennen. Denn dann kann er alles sein, was
wir wollen. Doch das kann natürlich auch sehr schädlich sein, da Leute ihn auch
für böse Zwecke benutzen können. Es ist also wohl ein zweischneidiges
Schwert. Aber eines, das man auch nicht unbedingt braucht. Es gibt
inzwischen sehr viele Atheisten auf der Welt, die sich ihre Hoffnung und ihren
Sinn selbst geben. Sie streben auch ohne einen Gott nach dem Guten und
versuchen moralisch richtig zu handeln. Doch der Glaube kann eben eine Hilfe
sein.
Das sagt auch der
Philosoph Georg Friedrich Hegel. Für ihn ist die Religion generell gar nicht so
unterschiedlich von der Philosophie. Denn in beiden ist man der Wahrheit auf
der Spur. Ob man jetzt wie in der Philosophie analytisch arbeitet oder in der
Religion die Vorstellungskraft benutzt, macht wenig Unterschied. Denn als
Mensch haben wir einen natürlichen Drang zur Wahrheit. Eine Religion ist
letzten Endes auch nichts anderes als eine Art zu denken. Und während diese
vielleicht zu wenig hinterfragt, tut es die Philosophie zu oft, also ergänzen
sich diese Wahrheitssucher sehr gut. Auch sind sie beide nötig. Philosophie ist
sehr gut dazu geeignet, Wissen anzuhäufen und das auf eine sehr genaue
Weise. Aber sie ist nicht sonderlich anschaulich und schwer zugänglich.
Auch liefert sie keinen so guten Halt wie die Religion. Denn hier geht es mehr
um Hoffnung, um Erlösung und Hilfe. Mit ihrer bildhaften Darstellung der
Wahrheit macht die Religion sie auch für die Massen zugänglich. Nicht jeder
möchte oder kann anspruchsvolle philosophische Werke lesen. Und Religionen
bieten den Menschen dann eine akkurate Idee des Guten und moralische
Richtlinien, die einfach zu verstehen sind. Eine Religion bietet also Wahrheit,
Hoffnung und einen Sinn. Deshalb ist es durchaus legitim und nützlich, zu
glauben.
Nietzsche findet das
aber nicht. Für ihn ergibt es keinen Sinn mehr, an Gott zu glauben. Wir hätten
ihn vielmehr getötet durch die Wissenschaften. Da wir so viele Rätsel der Welt
gelöst haben, brauchen wir Gott nicht mehr als Antwort für diese Fragen. Der
Glaube an ihn ist so unplausibel geworden, dass er keinen Trost und keine
Hoffnung mehr spenden kann. Doch das sieht der Philosoph als Chance, unsere
natürliche Freiheit zurückzugewinnen. Wir müssen uns nicht mehr an Gott ketten
und künstliche moralische Regeln befolgen. Vielmehr können wir uns unseren
eigenen Sinn aussuchen, eigene Regeln geben und selbstständig werden. Ein
schwieriger Weg, wie er in seiner Schrift zu Zarathustra zugibt. Doch wenn wir
die Transformation zum Übermenschen als neuen Gott geschafft haben, ist das
befreiender und gibt uns mehr Hoffnung als jeder Glaube.
Konklusion
Was machen wir also
damit? Ich glaube, man kann beide Philosophen kritisieren. Hegel lässt es ein
bisschen so klingen, als könnte man Philosophie quasi durch Religion ersetzen.
Doch es ist schwer zu glauben, dass man sich so sehr auf den Wahrheitsinstinkt
des Menschen verlassen können soll. Immerhin war es lange normal, Sklaven zu
halten, bis man ihnen den Menschenstatus anerkannt hat. Und selbst dann hatten
sie es noch schwer. Vielleicht ist es gut, ein bisschen analytisch
vorzugehen, um auch wirklich bei der richtigen Wahrheit zu landen. Wie
man die präsentieren will, kann man ja dann noch sehen. Aber Hegel hat auch
recht, wenn er sagt, dass Religionen viel Hoffnung und Anleitung spenden. Das
ist ein Aspekt, den man nicht ignorieren kann.
Nietzsche auf der
anderen Seite scheint zu verkennen, was die meisten Menschen als hoffungsvoll
empfinden. Es ist nicht unmöglich, an wissenschaftliche Erkenntnisse und Gott
gleichzeitig zu glauben. Und es ist ein Fakt, dass viele Menschen daraus
Hoffnung schöpfen. Die Idee des Übermenschen dagegen macht vielen Leuten Angst,
wie er auch ganz richtig in seiner neuen Bibel erkennt. Doch Nietzsche hat
einen guten Punkt darin, dass Religion einen nicht einsperren soll. Gott ist
nicht bewiesen und wir sind freie Menschen, die niemandem verpflichtet
sind. Es hat auch etwas sehr Befreiendes, sich als Übermenschen zu
denken. Und interessanterweise hat Nietzsche mit der Anfertigung seiner Schrift
zu Zarathustra Hegels These bestätigt. Jede Art zu denken ist eine Religion,
selbst der Atheismus. Nietzsche predigt eben die gottlose Religion.
Warum glaubt man also an Gott? Für Hoffnung und
Kraft. Um die Wahrheit über das Leben herauszufinden und um für sein Leben
einen Sinn zu finden. Aber wenn man nicht glaubt, ist das ok. Wir sind
stark genug, auch auf uns selbst aufzupassen, wenn wir es müssen und es lieber
so mögen.
So, und das war meine
Folge zum Glauben an Gott. Ich muss zugeben, die Recherche war diesmal ein
harter Brocken. Um Leute wie Nietzsche und Hegel zu verstehen, musste ich so
einiges an Literatur lesen. Dazu wird auch definitiv noch eine Folge kommen:
Manche Philosophen sind einfach viel zu kryptisch. Aber das ist Zukunftsmusik,
ich komme in ein paar Wochen darauf zurück. Ich hoffe, euch hat diese Folge
gefallen! Ich finde die Meinungen dieser Philosophen jedenfalls sehr
interessant!
Lasst gern einen Kommentar da, was ihr denkt! Wenn ihr übrigens gerne die Blogbeiträge in Audioform hören, mich erreichen oder mir vielleicht sogar eine kleine Spende dalassen wollt, findet ihr alle Links dazu in meinem Linktree.
Ok, dann macht es gut,
einen schönen Tag noch!
Quellen
,,Religionsphilosophie nach Hegel" - Michael Kühnlein, Henning Ottmann
,,Die Bibel" - Martin Luther
,,Der Staat" - Platon
,,Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" - Immanuel Kant
,,Die fröhliche Wissenschaft" - Friedrich Nietzsche
,,Also sprach Zarathustra" - Friedrich Nietzsche
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